Erste Hilfe:Batterie im Bauch

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Knopfzellen wirken für Kinder offenbar appetitlich. (Foto: Thomas Siepmann - Fotolia)
  • Mediziner warnen vor der Gefahr verschluckter Knopfzellen. Die Batterien können eine Flüssigkeit freisetzen, die Gewebe schwer schädigen kann.
  • Auch Magnete, scharfe und spitze Gegenstände in Kinderbäuchen sind grundsätzlich gefährlich.

Von Berit Uhlmann

In Kinderkörpern werden die seltsamsten Dinge gefunden. Ein kompletter Fisch zum Beispiel, der halb heruntergeschluckt im Rachen eines Kleinkinds festhing. Außerdem in der Fachliteratur detailreich beschrieben: In den Mund gestopfte Raupen, deren Haare die Schleimhäute reizen. Der Deckel einer Zahnpastatube, Haarspangen, kleine Bälle und Teile der Weihnachtsbaumbeleuchtung, die allesamt weiter unten im Verdauungstrakt stecken geblieben sind.

Besonders häufig aber droht Gefahr von eher unscheinbar wirkenden Produkten. Allein in den USA schlucken Kinder jedes Jahr mehr als 3000 Knopfzellen. Bleiben sie in der Speiseröhre hängen, kann innerhalb von nur zwei Stunden eine Elektrolytlösung austreten und das umliegende Gewebe schwer verätzen. Selbst Todesfälle sind dokumentiert worden. US-Mediziner schlagen deshalb eine ungewöhnliche Erste-Hilfe-Maßnahme vor: Honig schlucken. Das zähflüssige Lebensmittel kann sich schützend zwischen Batterie und Gewebe legen und zugleich die ätzende Flüssigkeit neutralisieren, erläutern Ärzte im Fachmagazin The Laryngoscope. Honig hat zudem den Vorteil, in vielen Haushalten vorrätig und eine akzeptable Medizin für die Kleinen zu sein.

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Die Forscher hatten in Labor- und Tierversuchen gezeigt, dass das Gewebe weniger stark geschädigt wird, wenn es durch eine Honigschicht geschützt ist. Am Menschen haben sie die Methode noch nicht erprobt. Dennoch hat das amerikanische National Capital Poison Center die Erkenntnisse bereits in seine Richtlinien aufgenommen. Sofern die Kinder zum Schlucken in der Lage sind, sollten sie alle zehn Minuten etwa zwei Teelöffel voll Honig erhalten. Die Methode ist für Kinder ab einem Jahr geeignet.

Die Toxikologen betonen jedoch, dass sie nur eine Zwischenlösung zur Schadensminimierung ist. Sie sollte keinesfalls dazu führen, dass Eltern die Notaufnahme verspätet oder gar nicht mehr aufsuchen.

Florian Eyer, Leiter der Toxikologie an der TU München, findet die Idee prinzipiell "nicht schlecht". Er hält es jedoch für zu früh, um konkrete Empfehlungen abzuleiten. Für wichtig erachtet er vor allem die Botschaft, die hinter der Forschung steht: Das Verschlucken von Batterien ist keine Bagatelle. Anders als früher wird heute nicht mehr zum Abwarten geraten. Die Leitlinie für die Ärzte in Deutschland sieht vor, dass Kinder beim Verdacht auf verschluckte Knopfzellen möglichst schnell geröntgt werden und die Batterie möglichst rasch aus der Speiseröhre entfernt wird. In den meisten Fällen endoskopisch.

Prinzipiell sind alle in der Speiseröhre steckenden Fremdkörper ein Fall für den Arzt. Hinweise auf diesen Notfall können schwerer oder keuchender Atem, Husten, Würgen, Engegefühle und Schmerzen in der Brust sein. Problematisch ist ebenfalls, wenn ein Kind mehrere Magnete verschluckt. Wandern sie bis in den Bauch hinein, können sie beim Aneinanderhaften Darmgewebe einklemmen und so zu schweren Verletzungen führen. Auch spitze und scharfkantige Objekte in den Eingeweiden sind grundsätzlich gefährlich. In vielen anderen Fällen aber können Eltern erst mal abwarten. Münzen, Murmeln und Playmobilköpfe kommen in der Regel auf natürlichem Wege wieder heraus.

Das Phänomen der verschluckten Fremdkörper aber bleibt lebenslang bestehen. Auch im Bauch von Erwachsenen werden immer wieder Gegenstände gefunden, die dort eigentlich nichts zu suchen haben. Nach einem Bericht des Deutschen Ärzteblattes sind dies besonders häufig Fischgräten, Hühnerknochen und Zahnprothesen.

© SZ vom 17.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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