Haushaltschemie:Gefährlich bunt

Liquid Caps Waschmittel

Kinder halten die Caps offenbar häufig für Süßigkeiten.

Seit einigen Jahren sind Waschmittel-Konzentrate in Gelkissen auf dem Markt. Für Kinder werden die bonbonfarbenen Caps zunehmend zum Gesundheitsrisiko.

Von Werner Bartens

Sie sind grellbunt und werden in hiesigen Supermärkten als "Power-Mix-Caps", "Duo-Caps" oder "3in1-Pods" angeboten. Auf Kinder müssen sie ziemlich attraktiv wirken; mit ihren Bonbon-Farben und der weichen Konsistenz könnte man sie auch für Gummibärchen halten. Im Frühjahr 2012 ist diese Form der Waschmittelkonzentrate in den USA auf den Markt gekommen, bald darauf in Deutschland. Schon im Herbst 2012 warnte die US-Gesundheitsbehörde CDC vor einer "neuen Gesundheitsbedrohung".

Die konzentrierten Flüssigreiniger sind von einer dünnen Folie umgeben, die sich während des Waschvorgangs auflöst - und genau das ist das Problem. Wenn Kinder damit spielen oder hineinbeißen, reißt die Hülle schnell auf. Die Flüssigkeit kann in die Lunge oder, von den Händen der Kinder, ins Gesicht und in die Augen geraten. Ärzte beobachten schwere gesundheitliche Schäden.

Nun schlagen Augenärzte Alarm. Im Fachblatt JAMA Ophthalmology zeigen sie, dass seit 2012 die Augenverletzungen durch Waschmittel bei Kindern im Vorschulalter um das 30-Fache zugenommen haben. Besonders Drei- und Vierjährige seien durch die auch als "Liquid Caps" bezeichneten Waschmittelkissen gefährdet. Insgesamt würden mittlerweile 500 Augenschäden im Jahr dokumentiert. 2012 waren es erst zwölf Fälle.

"Unsere Daten zeigen, dass Augenverletzungen durch Waschmittel-Caps gerade im Vorschulalter zunehmen", sagt Richard Sterling Haring von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore, der die Studie geleitet hat. "Fast alle dieser Verletzungen passieren zu Hause, deswegen ist es wichtig, die Mittel unzugänglich für Kinder aufzubewahren - und die Hersteller sollten weniger attraktive Farben wählen und eine stabilere Folie entwickeln." Reiben sich Kinder die Flüssigkeiten in die Augen, sollten Eltern diese gründlich mit Wasser ausspülen und einen Arzt aufsuchen.

In Deutschland hat das Bundesinstitut für Risikobewertung ein Jahr, nachdem die Gelkissen auf den Markt kamen, mehr als 150 Vergiftungen dokumentiert. "Da Caps im Vergleich zu anderen Waschmitteln deutlich höhere Konzentrationen an Tensiden enthalten, ist es wahrscheinlich, dass schon von kleinen Mengen gesundheitliche Risiken ausgehen", teilte die Behörde mit. Haben Kinder die Kapseln verschluckt, sind Husten, Übelkeit und Erbrechen typische Anzeichen. Gelangen die Stoffe in die Lunge, ist das ebenfalls gefährlich. Aus Großbritannien, Frankreich und Italien, wo die Caps schon länger auf dem Markt sind, werden jährlich 400 bis 500 Anfragen zu Vergiftungsunfällen mit "Liquid Caps" gemeldet.

Bisher liegt der Marktanteil der bunten Waschmittel-Säckchen in Deutschland bei unter 15 Prozent, trotzdem steigt die Zahl der Fallberichte über Vergiftungen. Gefahr droht aber auch von Spülmitteln. Unter diesen Produkten sind Konzentrate und Tabs stärker verbreitet. Geraten sie versehentlich in Magen oder Augen, sind die Schäden größer, weil die Dosis höher ist als in konventionellen Flüssigreinigern. Gefährdet sind nicht nur Kinder. Vergiftungszentralen berichten von immer mehr älteren Menschen, die das bunte Gel oder die handlichen Spülmaschinen-Tabs mit Medikamenten verwechseln.

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