Ernährung:Veganismus: Die neuesten Empfehlungen sind uralt

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Die Diskussion über vegane Ernährung ist oft auch ideologisch gefärbt. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung erregt Aufsehen mit ihrem Rat an Veganer. Dabei ist dieser frappierend einseitig.

Kommentar von Kathrin Zinkant

Es gibt nur wenige Institutionen in Deutschland, die sich als wissenschaftlich bezeichnen und trotzdem das uneingeschränkte Vertrauen der Bevölkerung genießen. Und das dann auch noch ohne jeden triftigen Grund.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung zum Beispiel: Seit mehr als 60 Jahren versorgt die DGE den Bundesbürger mit Regeln, Kreisen, Pyramiden und Referenzwerten für eine sogenannte "vollwertige Ernährung". Seit Jahrzehnten gilt der eingetragene Verein als Instanz in Fragen der Nährstoffversorgung. Und wenn die Bonner Zentrale unter dem Motto "der Wissenschaft verpflichtet" etwas verlautbart, dann horchen alle auf.

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So war das auch am vergangenen Mittwoch, als die DGE ein Positionspapier zur veganen Ernährung vorstellte, dem Verzicht auf alle tierischen Lebensmittel also. Darin wurden, was sonst, Nährstoffe durchdekliniert. Das Urteil: potenzieller Vitamin- B12-Mangel. Ein Raunen teilte hernach die Öffentlichkeit. Die einen sahen sich bestätigt, dass der Verzicht auf Tier kaum gesund sein kann, wenn Veganer, wie von der DGE empfohlen, Vitamin-B12-Pillen einnehmen müssen.

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Die anderen sahen sich bestätigt, dass der Verzicht auf Tier gesund sein kann, wenn Veganer, wie von der DGE empfohlen, bloß ein paar Vitamin-B12-Pillen einnehmen müssen. Keiner störte sich daran, dass diese Botschaft auch schon Jahrzehnte alt ist.

Was aber noch wichtiger ist: Wieder fällt niemandem auf, wie frappierend einseitig diese Art der Nahrungsbetrachtung bleibt. Es dreht sich alles darum, eine Tabelle von Nährstoff-Sollwerten einzuhalten. Die Wahrnehmung von Lebensmitteln ist fixiert auf die Frage, ob etwas besonders "reich" oder "arm" an X und Y ist. Wie es dem Veganer oder der Veganerin geht, spielt keine Rolle. Ob solches Essen schmeckt oder gut tut. Oder ob es wirklich krank macht.

Dabei muss man kein Freund des oft ideologisch gefärbten Veganismus sein, um anzuerkennen: Veganer leben oft gesünder als der omnivore Durchschnitt. Auch die krampfhafte Suche nach klar erhöhten Krankheitsrisiken durch vegane Ernährung fiel bislang erfolglos aus. Wenn man sich also mal von der Tabelle losmacht, erscheint die Sache mit dem Vitamin B12 ziemlich egal.

Aber die DGE genießt das Vertrauen. Oft wird es auch damit begründet, dass der Verein zu 75 Prozent staatlich finanziert wird. Das klingt so unabhängig. Vielleicht gehört ja doch einmal infrage gestellt, ob die öffentliche Hand jährlich mehr als fünf Millionen Euro in redundante Nährstoffpredigten investieren muss.

© SZ vom 16.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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