Ebola:Experimentelle Therapie für US-Patienten

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Der Arzt Kent Brantly ist einer der beiden Amerikaner, die nun in der Heimat mit einer noch nicht zugelassenen Arznei behandelt werden. Das Archivfoto zeigt ihn bei der Arbeit in Liberia, wo er sich mit dem Virus infizierte. (Foto: dpa)

Erstmals wird ein bisher nur an Tieren erprobtes Medikament bei Ebola-Patienten eingesetzt. Zwei in Westafrika erkrankte US-Bürger erhalten die neue Therapie. Das Vorgehen stößt nicht überall auf Zustimmung.

Von Werner Bartens

Noch schneller als Ebola verbreitet sich die Angst. Seit zwei infizierte US-Bürger aus Westafrika nach Atlanta geflogen wurden, befinden sich die USA in Alarmbereitschaft. Über der Klinik der Emory University, wo der Arzt und die Missionarin behandelt werden, kreisen Hubschrauber der Rundfunkanstalten, in jeder Talkshow werden Experten für Infektionskrankheiten interviewt, und via Twitter und Facebook überbieten sich Hysteriker in Horrorgeschichten. Glaubt man diesen Prophezeiungen, ist es nur eine Frage der Zeit, wann die stolzeste Nation des Westens vom fiesen Virus aus dem afrikanischen Dschungel dahingerafft wird.

Viren sind klein, aber gemein, das stimmt. Das Virus wird durch Blut und Körperflüssigkeiten übertragen, sodass Kontakt mit Kranken oder infiziertem Material genügt, um sich anzustecken. Und obwohl Ebola in Westafrika wütet und sich mindestens 1600 Menschen infiziert haben, verläuft die Krankheit keineswegs immer tödlich. Mit 887 bestätigten Todesfällen in Afrika liegt die Letalität bei 55 Prozent.

Die Versorgung in Atlanta ist professioneller. Trotzdem kann Ebola auch im besten Krankenhaus der Welt nicht spezifisch behandelt werden. Es gibt weder eine kausale, die Ursache beseitigende, Therapie noch eine Impfung. Kranke bekommen Flüssigkeit und werden bei Bedarf künstlich ernährt, mit Schmerzmitteln versorgt oder gekühlt.

Die beiden Ebola-Patienten aus den USA sind zusätzlich - auf eigenes Risiko - mit einem nicht zugelassenen Medikament behandelt worden. Der monoklonale Antikörper namens ZMapp war bisher nur an ein paar infizierten Affen getestet worden, berichtet CNN, eine seriöse Publikation dazu gibt es nicht.

Solche Antikörper sind in der Infektionsbehandlung wie in der Krebsmedizin verbreitet. Um sie herzustellen, werden Versuchsmäusen abgeschwächte Erreger oder Fragmente davon gespritzt. Die Tiere entwickeln spezifische Antikörper gegen die Eindringlinge und machen sie unschädlich. Allerdings haben viele Viren die unangenehme Eigenschaft, sich ständig zu verändern, sodass sie der mühsam entwickelten Arznei schnell wieder entkommen. Dies ist der Grund, warum die Entwicklung von Impfstoff wie Therapie aufwendig und teuer ist - und, wie das Beispiel HIV zeigt, manchmal auch nach 30 Jahren kaum Erfolge bringt.

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Im besten Fall hilft die maßgeschneiderte Therapie, allerdings lassen sich die Tierversuche längst nicht immer auf Menschen übertragen; manchmal enden sie sogar tragisch, wie die Behandlung mit dem Antikörper TGN1412 der Firma TeGenero im Jahr 2006, als sechs Testpersonen schwere Nebenwirkungen erlitten.

Das Experiment mit ZMapp stößt nicht nur auf Zustimmung. Ein WHO-Vertreter sagte, es spreche einiges dagegen, auf dem Höhepunkt des Ausbruchs ein ungetestetes Mittel einzusetzen. Auch Ärzte ohne Grenzen sind skeptisch: "Es gibt ethische und wissenschaftliche Bedenken, eine kaum erprobte Substanz gegen Ebola zu versuchen - schließlich sind wir als Ärzte dem Grundsatz verpflichtet, nicht zu schaden." Einem Patienten geht es angeblich besser. Ob das Mittel geholfen hat oder er aus glücklicher Fügung zur Hälfte der Überlebenden gehört, ist ungewiss.

© SZ vom 06.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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