Zehn Jahre Payback:Der Marktführer muss kämpfen

Lesezeit: 4 min

Vor zehn Jahren erfand Payback den Markt für Bonussysteme in Deutschland neu - mit erheblichem Erfolg. Doch inzwischen sitzt die Konkurrenz dem Marktführer im Nacken.

Klaus Wieking

Burkhard Graßmann ist ein heavy User. 350 Euro spare er im Jahr durch Payback, erklärt der ehemalige Top-Manager der Deutschen Telekom. Die letzte Prämie, die er bei dem Bonuskartensystem eingelöst hat, war ein Carrybag. 200.000 Stück des Herstellers Reisentehl hat Payback bislang als Prämie ausgeliefert, erzählt Graßmann.

Payback-Karte: 19,5 Millionen Deutsche haben eine Kundenkarte. (Foto: DDP)

Er muss es wissen, seit zweieinhalb Jahren ist der 44-Jährige Sprecher der Geschäftsführung der Payback GmbH. Die kann in diesen Tagen ihr zehnjähriges Bestehen feiern und tut dies auf ihre Weise.

Am 2. August startet sie mit TV-Spot und viel Online-Klimbim eine große Marketingkampagne, bei der viele Extra-Bonuspunkte auf die Programmteilnehmer hinabregnen werden.

Und davon gibt es reichlich: 19,5 Millionen Deutsche besitzen nach Angaben von Loyalty Partner, der Holding hinter Payback, inzwischen eine Bonuskarte. 2009, im bislang erfolgreichsten Jahr des Unternehmens, sammelten die Teilnehmer bei Systempartnern wie Aral, Kaufhof Galeria oder der Drogeriekette dm für 163 Millionen Euro Punkte - 90 Prozent davon wurden eingelöst.

Viele Partner

Als der ehemalige Roland-Berger-Berater Alexander Rittweger 2000 das Multipartnerprogramm startete, wurden in Deutschland Preisnachlässe im Einzelhandel vorzugsweise noch in Form von Rabattmarken gewährt.

Rabatte waren im Handel größtenteils an Anlässe wie Jubiläen oder Schlussverkäufe gebunden, alles andere verbot das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb, kurz UGW. Zwar gaben Unternehmen wie Karstadt oder die Parfümeriekette Douglas Kundenkarten aus, doch die Rabatthöhe durfte drei Prozent der Einkaufssumme nicht überschreiten.

Rittweger dachte größer; er wollte ein Rabattprogramm mit vielen Partnern installieren, damit der Kunde überall in der Warenwelt Bonuspunkte einsammeln konnte - an der Tanke, im Baumarkt, im Kaufhaus.

Natürlich sollten nicht nur die Schnäppchenjäger von der Karte profitieren, sondern auch und vor allem die teilnehmenden Unternehmen. Die Rabattkarte sollte nicht nur die Kundschaft an ihre Einkaufsstätte binden, sondern auch, wenngleich anonymisiert, Einblicke in das Kaufverhalten und die Zusammensetzung des Warenkorbs bieten.

Kundenströme werden gelenkt

Außerdem können über die Karte Kundenströme gelenkt werden, etwa über die Ausschüttung von Zusatzpunkten ("Die zehnfache Zahl von Bounspunkten"). Last but not least steigt normalerweise auch der durchschnittliche Einkaufsbon der Programmteilnehmer.

Nachdem Rittweger seinen Ex-Chef Roland Berger und die Lufthansa von seiner Geschäftsidee überzeugt und als Mitgesellschafter gewonnen hatte, legte das Programm vor zehn Jahren los.

Obwohl nach der Novellierung des UGW der Markt nach der Jahrtausendwende mit Kundenkarten geradezu geflutet wurde und selbst Bäcker und Friseure Karten auszugeben begannen, konnte kein Wettbewerber Payback den sogenannten First-Mover-Vorteil mehr nehmen.

Die Münchner waren und sind Marktführer. Zehn Jahre später nehmen über 20 Händler, die von 0,5 bis fünf Prozent Rabatt gewähren, an dem Programm teil, darunter Apollo Optik, Vodafone, Europcar und die Supermarktkette Real, deren Eigentümer, die Metro Group, inzwischen selbst zu den Payback-Gesellschaftern zählt.

Im immer wichtigeren E-Commerce-Geschäft können Kunden bei Onlineshops wie Amazon, Apple Store, Ebay und Otto Punkte sammeln. Graßmann zufolge sollen bis Ende des Jahres 330 Web-Shops an das System angebunden sein. Laut Payback wird die Karte inzwischen 1,5 Millionen Mal täglich eingesetzt, 14,5 Milliarden Euro Einzelhandelsumsatz werden per Anno über Payback abgewickelt.

Misserfolg trotz Traumkombination

Andere Anbieter waren weit weniger erfolgreich. 2002 setzte die Deutsche Telekom gemeinsam mit Karstadt, damals noch nicht pleite, sondern Europas größter Warenhauskonzern, das Bonusprogramm Happy Digits auf.

Eigentlich eine Traumkombination: Die Telekom verfügte über viele Millionen Adressen, Karstadt war im stationären Handel in den Fußgängerzonen aller großen Städte präsent und hatte mit der Karstadtkarte viel Erfahrung im Bonusgeschäft.

Doch die Partner stritten sich, es gab Probleme mit der Software und einige Geschäftsführerwechsel in der Betreibergesellschaft CAP. Nachdem Karstadt insolvent ging, wurde das Programm schnell liquidiert.

Geballte Macht an Werbekraft

Letzter verbliebener Wettbewerber auf nationaler Ebene ist die Anfang 2008 gelaunchte Deutschlandcard, hinter welcher der zum Bertelsmann-Imperium gehörende Dienstleistungskonzern Arvato steht.

Die Logistiker aus Gütersloh besitzen eine Menge Expertise in Sachen Kundenkarten und zählten viele Jahre lang beispielsweise die Bahn mit ihrer Bahn Card zu ihren Kunden. Außerdem steht mit den Konzernschwestern RTL und Gruner + Jahr (Stern, Brigitte, Neon etc.) eine geballte Macht an Kommunikations- und Werbepower hinter der Deutschlandcard.

Doch die Akquise von Unternehmen, die bereit sind, Rabatt-Punkte zu gewähren, verlief eher schleppend. Zwar können Deutschlandcardbesitzer bei Edeka, der Deutschen Bank und anderen Partnern Boni einsammeln, doch in wichtigen Schlüsselmärkten, etwa bei Baumärkten oder im Tankstellengeschäft, konnte Arvato nicht punkten. Aktuell sind nach Firmenangaben 6,5 Millionen Deutschlandcards im Markt, der vorerst letzte Systempartner, der gewonnen werden konnte, ist die Fluggesellschaft Air Berlin.

Payback ist inzwischen schon einen Schritt weiter und internationalisiert sein Geschäft. 2009 wurde in Polen eine Ländergesellschaft gegründet, vor kurzem beteiligten sich die Münchner am i-mint-Programm im fernen Indien.

Glaubt man den Angaben des Unternehmens, besitzen bereits fünf Millionen Polen eine Payback-Karte, die Haushaltsdurchdringung in den großen polnischen Städten liegt bei 25 Prozent. Weitere Länder stehen auf der Expansionsagenda, neue Ländergesellschaften wird es laut Graßmann in diesem Jahr aber wohl nicht mehr geben.

Eine reine Erfolgsgeschichte also, die Payback zum Zehnjährigen feiern kann? Nicht ganz. Verbraucher- und Datenschützer greifen das größte deutsche Bonusprogramm immer wieder an. Der Umgang mit den Unmengen von Verbraucherdaten sei eine Black Box, die Vergabe der Rabatte sei intransparent, es müssten riesige Punktezahlen für mickrige Prämien gesammelt werden, lauten die häufigsten Vorwürfe.

Erst kürzlich schrieb die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen über eine Payback-Rabattaktion mit dem Autohersteller Ford: "Wer im Punkterausch nicht genau nachrechnet, dem droht oftmals ein dickes Minus."

Stiftung Warentest attestiert Befolgung des Datenschutzes

Man halte sich an alle Bestimmungen des Datenschutzes, wiederholt Payback gebetsmühlenhaft. Gegenüber der Fachzeitschrift Werben & Verkaufen kündigt Graßmann an, gemeinsam mit externen Experten ein eigenes Datenschutz- Audit zu erarbeiten.

Bei einen Check von 29 Kundenkarten durch die Stiftung Warentest wurde Payback kürzlich neben drei anderen Anbietern bescheinigt, sich uneingeschränkt an das Datenschutzgesetz zu halten - immerhin.

Die wahre Herausforderung sind für die Münchner ohnehin die neuen Wettbewerber. Onlinebasierte Cashbackanbieter wie meinanteil.de oder andasa.de bieten Kunden schnell einlösbare Preisnachlässe im Restaurant oder im Kino an der Ecke.

Payback-Punkte für lokale Anbieter

Zwar sind solche Dienste zumeist nicht personalisiert, sprich: sie lassen keine Rückschlüsse auf das Konsumverhalten der Teilnehmer zu, doch das kann diesen egal oder sogar recht sein.

Payback muss also schneller, flexibler und vor allem lokaler werden. Inzwischen hat das System eine über das iPhone abrufbare App im Markt, mit der auch lokale Anbieter Payback-Punkte anbieten können. Payback-Boss Graßmann: "Unser Ziel für die kommenden zwei Jahre ist es, ein relevantes Konkurrenzangebot zu lokalen Playern zu entwickeln." Der Marktführer muss kämpfen.

© W&V/sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: