Rente mit 67:Von der Leyen, die Schönfärberin

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Die Rente mit 67 ist im Kern ein berechtigtes und sinnvolles Anliegen. Aber in einem zentralen Punkt geht die Haltung von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen an der Realität vorbei.

Thomas Öchsner

Die Rente mit 67 macht vielen Menschen Angst. Sie befürchten, dass es für sie mit 60 Jahren aufwärts gar keine Jobs gibt und sie deshalb mit hohen Abschlägen in den Ruhestand gehen müssen oder zu Hartz-IV-Fällen werden. Würde die Regierung die Rente sofort einführen, wären diese Sorgen berechtigt. Doch die längere Lebensarbeitszeit kommt stufenweise in den nächsten 20 Jahren, und deshalb darf sie auch kommen.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) verteidigt das Festhalten an der Rente mit 67. Die schrittweise Anhebung der Lebensarbeitszeit bis zum Jahr 2029 sei notwendig und auch vertretbar, sagte sie nach dem Kabinettsbeschluss in Berlin. (Foto: dpa)

Im Moment gibt es viel zu viele Unternehmen, die noch dem Jugendwahn huldigen und in deren Fabrikhallen und Büros sich die über 60-Jährigen an einer Hand abzählen lassen. Das Entscheidende ist aber, dass sich dieser Trend gerade umkehrt. In der Statistik werden in der Altersgruppe ab 60 Jahren jetzt mehr Arbeitslose mitgezählt, trotzdem hat sich in den vergangenen fünf Jahren die Beschäftigungsquote der Älteren deutlich erhöht.

Sie profitieren wie keine andere Gruppe von der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt. Und dies wird auch in Zukunft der Fall sein, weil die Anreize zur Frühverrentung weggefallen sind und auf Grund sinkender Geburtenraten weniger junge Fachkräfte nachdrängen.

Es gibt aber keinen Anlass, die Lage schönzufärben. Wenn Arbeitsministerin Ursula von der Leyen sagt, dass schwer arbeitenden Menschen nicht zuzumuten sei, bis 67 körperlich hart zu schuften, hat sie recht. Ihre Vorstellung, man könne diese Menschen im Verkauf, im Büro oder in der Beratung einsetzen, geht bislang jedoch weit an der Realität vorbei.

Vorher müssen alle umdenken: Arbeitnehmer sollten bereit sein, ein Leben lang zu lernen. Und die Arbeitgeber müssen ihnen dafür auch die Möglichkeiten anbieten. Davon ist in vielen Betrieben allerdings noch nichts zu sehen.

© SZ vom 18.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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