Hypo-Vereinsbank-Chef Weimer:"Manchem fehlt Sensibilität"

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Hypo-Vereinsbank-Chef Theodor Weimer über die Verantwortung der Banken, die Rückkehr in altes Fahrwasser - und warum ihn die Kritik von Kanzlerin Merkel kalt lässt.

Harald Freiberger, Berlin

Machen die Banken so weiter wie vor der Finanzkrise? Droht der deutschen Wirtschaft eine Kreditklemme? Darüber sprach die SZ mit Theodor Weimer, dem Vorstandschef der Hypo-Vereinsbank.

Theodor Weimer: "Man kann sich nicht vom Steuerzahler retten lassen und ein Jahr später schon wieder in altes Fahrwasser zurückkehren." (Foto: Foto: Haas)

SZ: Kanzlerin Angela Merkel sagt, dass manche Banker schon wieder " eine ziemlich dicke Lippe riskieren". Fühlen Sie sich da angesprochen?

Theodor Weimer: Nein, ich glaube, dass wir mit dem Thema sensibel umgegangen sind. Ob das allerdings für die gesamte Branche gilt, da habe ich meine Zweifel. Bei manchem fehlt die nötige Sensibilität für die Belange der Öffentlichkeit.

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SZ: Was meinen Sie konkret?

Weimer: Man kann sich nicht vom Steuerzahler retten lassen und ein Jahr später schon wieder in altes Fahrwasser zurückkehren. Ich spreche nicht von den Banken im Privatkunden- und Firmenkundengeschäft. Aber im Investmentbanking-Bereich sind bereits wieder die Hochrisikospieler unterwegs.

SZ: Was muss passieren, um sie zu bremsen?

Weimer: Wir kommen um eine strengere Regulierung nicht herum. Die Banken müssen am Ende alle weniger Risiko nehmen, besonders jene, die in riskanten Märkten und mit riskanten Produkten arbeiten.

SZ: Im Firmenkundenbereich heißt weniger Risiko auch, weniger Kredite zu vergeben. Wie groß ist die Gefahr einer Kreditklemme?

Weimer: Momentan haben wir noch keine Kreditklemme, aber das Gespenst ist am Horizont bereits zu erkennen. Wir müssen aufpassen, dass es nicht Wirklichkeit wird.

SZ: Was können Sie dagegen tun?

Weimer: Wir sollten bei unseren Kreditengagements stärker differenzieren. Wir dürfen die Branchen nicht über einen Kamm scheren. Nur weil die Autobranche momentan Probleme hat, muss man nicht gleich jedem Unternehmen aus der Branche einen Kredit verweigern. Es gibt da viele gute Unternehmen, die man auch in diesen Zeiten finanzieren kann. Darauf haben wir in den letzten Monaten bereits stärker geachtet. Wir müssen ab und zu auch mal ein Auge zudrücken. Eine andere Möglichkeit ist es, bei größeren Finanzierungen noch enger mit anderen Banken zusammenzuarbeiten. Das Konsortialgeschäft muss neu definiert werden, die Banken müssen sich gegenseitig unterhaken, um gegen eine Kreditklemme anzugehen.

SZ: Und was können die Firmen tun?

Weimer: Es wäre von Vorteil, wenn sie ihre Eigenkapitalbasis stärken. Noch ist der Mittelstand zu stark über Fremdkapital finanziert, das erschwert es uns, weitere Kredite zu vergeben.

SZ: Manche fordern einen Kreditmediatoren, also einen Vermittler zwischen Bank und Unternehmen. Haben Sie damit Erfahrungen?

Weimer: Ja, ich habe einen erfahrenen Politiker gebeten, diese Rolle bei uns in einem bestimmten Fall zu übernehmen. Das hat hervorragend funktioniert. Er hat den Unternehmen gesagt, was sie tun können, um einen Kredit leichter zu ermöglichen, aber auch uns. Am Ende ist es dadurch zu einer sehr vernünftigen Lösung gekommen.

SZ: Würde das für alle Ihre Firmenkunden funktionieren?

Weimer: Das ist natürlich ein aufwendiger Prozess. Wir haben 78.000 Firmenkunden, man wird nicht für jeden einen Kreditvermittler einschalten können.

© SZ vom 21./22.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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