Finanzkrise in Europa:Abwertungsorgie erschüttert Europas Banken

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Zwölf in Großbritannien, neun in Portugal, eine in Belgien: In einem Rundumschlag werten Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit von 22 europäischen Banken ab. Sie zweifeln daran, dass die Geldhäuser eine griechische Staatspleite heil überstehen können. Und auch die EU-Kommission wird nervös.

Die Schuldenkrise der Euro-Staaten hat Europas Banken voll erwischt. Das glauben zumindest die Ratingagenturen. Von Portugal über Belgien bis Großbritannien werteten sie über Nacht 22 Geldhäuser ab.

Die Analysten von Moody's haben die Bonität von gleich zwölf britischen Banken herabgestuft. Grund: Sie zweifeln, dass die Regierung sie in der Krise ausreichend unterstützen werde.

Die Kreditwürdigkeit der größten Bausparkasse des Landes, Nationwide Building Society, wurde um zwei Stufen gesenkt, die für Lloyds TSB und das Großbritannien-Geschäft der spanischen Santander um eine Stufe. Moody's erklärte, zwar werde die britische Regierung wohl den vermeintlich systemrelevanten Finanzinstituten weiterhin eine gewisse Unterstützung gewähren, sie werde aber möglicherweise zulassen, dass kleinere Institute zusammenbrechen. Die Ratings der Großbanken Barclays PLC und HSBC PLC blieben denn auch unverändert.

Auch die Royal Bank of Scotland (RBS) wurde um zwei Stufen von A2 auf Aa3 runtergestuft - der Staat macht sich laut einem Bericht der Financial Times Sorgen um das Institut. In der britischen Regierung hält man es für möglich, dass die Bank neues Kapital brauchen könnte. "Wenn es in Europa eine breite Bewegung zur Rekapitalisierung von Banken gibt, dann ist es denkbar, dass auch die RBS mehr Staatshilfen benötigt", zitierte die Zeitung einen Regierungsvertreter. Die RBS hat im Vergleich zu anderen britischen Banken viel Geld in Staatspapieren von Euro-Schuldenländern angelegt. Bereits im ersten Halbjahr korrigierte sie den Wert ihrer griechischen Staatsanleihen von 1,2 Milliarden Euro nach unten. In Italien hat sie noch vier Milliarden Euro investiert.

Finanzminister George Osborne widersprach dem negativen Urteil der Agentur indirekt: Er glaube nicht, dass überhaupt die Situation eintreten werde, dass seine Regierung Banken weiter mit Kapital versorgen müsse: "Ich bin überzeugt, dass britische Banken gut kapitalisiert sind. Sie sind liquide und haben nicht die Art von Problemen, welche die Banken der Eurozone momentan haben", sagte Osborne der BBC.

Eine staatliche Geldspritze für die RBS wäre nicht die erste: Wegen ihrer Verluste im Zuge der Finanzkrise musste die Bank zu einem Großteil verstaatlicht werden. Bisher belaufen sich die Kosten für die Rettung der Bank laut der Financial Times auf 52 Milliarden Euro.

Der Chef der Bank of England, Mervyn King, hatte die derzeitige Schulden- und Bankenkrise dagegen am Donnerstagabend als möglicherweise schlimmer als die Depression der 1930er Jahre bezeichnet. Doch es trifft nicht nur Großbritannien: Moody's stufte auch neun portugiesische Banken herab.

Krisenbank Dexia abgewertet

Auch die angeschlagene französisch-belgische Großbank Dexia wurde von der größten Ratingagentur Standard & Poor's um eine Stufe abgewertet. Die langfristige Bonität von Dexia setzte S&P von A auf A- herab, die kurzfristige Bonität von A-1 auf A-2. Weiter ging die Ratingagentur nicht. Sie wertet die Unterstützung Dexias der Regierungen Frankreichs, Belgiens und Luxemburgs als Pluspunkt. Die Staaten wollen die Bank retten, mit Geldspritzen und Teilverkäufen. Die Bank war durch Liquiditätsprobleme in den vergangenen Tagen ins Schlingern geraten. Sie hält viele faule Staatsanleihen Griechenlands, aber auch von französischen Kommunen.

An der Börse rutschten RBS und Lloyds um jeweils etwa zwei Prozent ab - allerdings gegenläufig zum Trend: Andere Banken legten im Schnitt zu, manche, wie die französische BNP Paribas, sogar deutlich. Grund dafür ist, dass sich mittlerweile abzeichnet, dass europäische Politiker die Banken mit Kapitalspritzen stützen wollen. In den vergangenen Tagen waren die Kurse von Bankaktien deshalb gestiegen.

Mittlerweile glaubt nicht nur der Internationale Währungsfonds (IWF), sondern auch die Europäische Union, dass die Institute eine Pleite des Schuldenstaates Griechenland nicht alleine stemmen könnten. Erst am Donnerstag hatte die Europäische Zentralbank verkündet, den Banken zusätzliches Geld mit der langen Laufzeit von einem Jahr zur Verfügung zu stellen.

Wegen der prekären Lage der Banken beschleunigt die Politik ihre Hilfsbemühungen: Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, die EU-Kommission wolle noch vor dem Europa-Gipfel Mitte Oktober Vorschläge für eine Rekapitalisierung der Banken machen. EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn äußerte sich zuversichtlich, dass die Staats- und Regierungschefs der Euro-Staaten auf dem Treffen in Brüssel am 17. Oktober eine Entscheidung über die Art der Bankenrekapitalisierung treffen.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Präsident Nicolas Sarkozy wollen am Sonntag über eine mögliche Rekapitalisierung beraten.

© dpa/Reuters/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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