Finanzen kompakt:Warm unter Staatsfittichen

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Wann die Commerzbank die Finanzhilfen des Staates zurückgezahlt haben wird, ist noch offen. Außerdem: Unicredit-Chef Profumo hat neue Ideen für die Bankbranche. Das Wichtigste in Kürze.

Die Commerzbank legt sich noch nicht auf einen Zeitpunkt für den vollständigen Rückzug des Staates aus dem Institut fest. Finanzvorstand Eric Strutz bezeichnete einen Ausstieg des Bankenrettungsfonds Soffin bis 2015 in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters als "reine Spekulation". Ob dies gelinge, hänge unter anderem vom Verkauf des Immobilienfinanzierers Eurohypo ab, der bis zum Jahr 2014 über die Bühne gehen muss. "2010 wollen wir zunächst die operative Basis der Eurohypo verbessern. Vorher macht es keinen Sinn, irgendwelche Gespräche mit potentiellen Käufern zu führen", sagte Strutz.

Commerzbank-Vorstand Eric Strutz bezeichnet einen Ausstieg des Bankenrettungsfonds Soffin bis 2015 als "reine Spekulation". Mit anderen Worten: Es ist völlig offen, wann die Commerzbank die Hilfen zurückzahlt. (Foto: ap)

Die Commerzbank musste in der Finanzkrise mit insgesamt 18,2 Milliarden Euro vom Staat gestützt werden, der Großteil davon floss als Stille Einlage. Der Chef des Soffin-Kontrollgremiums, Florian Toncar (FDP), hatte kürzlich mit Blick auf die vom Staat geretteten Banken gesagt: "Ich hoffe vorsichtig, dass der Privatisierungsprozess bis 2015 weitgehend abgeschlossen sein wird." Die Aareal Bank hat einen Teil des Geldes vom Staat bereits zurückgegeben. Die Commerzbank will mit der Rückzahlung spätestens 2012 beginnen, wie Strutz bekräftigte. "Hierfür gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten" sagte er.

Nach Berechnungen von Analysten und Bankern braucht die Commerzbank rund 13 Milliarden Euro, um den Staat ganz auslösen zu können. "Im Moment machen wir unsere Hausaufgaben, die Bank so profitabel wie möglich zu machen, womit wir ebenfalls die Kapitalbasis stärken", sagte Strutz.

Der Finanzvorstand deutete an, dass die Bank künftig auch mit weniger Kapital auskommen könne. "Nach der heute geltenden Definition von Risikoaktiva brauchen wir als Commerzbank nach Abbau der Risikoportfolien eine Kernkapitalquote von sieben bis neun Prozent und eine harte Kernkapitalquote von sechs bis acht Prozent", sagte er. Dank Staatshilfe lag die Kernkapitalquote Ende März bei 10,8 Prozent.

Die Banken in Europa erwägen einen eigenen Rettungsfonds in Höhe von 20 Milliarden Euro und wollen damit eine Bankenabgabe verhindern. Dieser Fonds könne im Falle einer weiteren Finanzkrise Banken vor der Pleite retten - staatliche Hilfe müssten sie dann nicht in Anspruch nehmen, schrieb der Chef der italienischen Großbank Unicredit, Alessandro Profumo, in der Financial Times.

Profumo schlug vor, dass die großen, grenzüberschreitend tätigen Geschäftsbanken in Europa - "etwa die größten 20" - sich freiwillig an dem Fonds beteiligen. "Im Laufe einiger Jahre könnte der Fonds eine bedeutende Summe an Risikokapital ansammeln." Mit dem Geld könnten die Behörden dann "eine oder einige große Banken" in Schieflage stabilisieren, schrieb Profumo.

So wäre sichergestellt, dass eine Krise bereits frühzeitig eingedämmt werden könnte. Staatliche Gelder von einzelnen EU-Staaten oder EU-Institutionen wären nicht nötig - eine Bankenabgabe, wie sie Deutschland plant, auch nicht. Der Financial Times zufolge hat Profumo seinen Vorschlag bereits mit einigen großen europäischen Banken besprochen, darunter mit der Deutschen Bank und der spanischen Santander.

Eine bessere Steuerprüfung vor allem von Banken würde dem deutschen Staat nach Ansicht der OECD mehrere Milliarden Euro pro Jahr bescheren. Es liege ein "enormes Potential brach, um durch einen besseren Steuervollzug den Defizitabbau zu unterstützen", sagte der Leiter der Steuerabteilung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Jeffrey Owens, der Berliner Zeitung. Es gehe dabei nicht um ein oder zwei Milliarden, sondern um "viele, viele Milliarden Euro", sagte er. Der Steuerexperte der internationalen Organisation kritisierte insbesondere die Umgehungsmöglichkeiten für Banken. "Effektiv zahlen Banken weniger Steuern als andere Branchen. Sie haben mehr Gestaltungsmöglichkeiten, um die Steuerlast zu reduzieren."

Der Finanzexperte rief dazu auf, die Steuerverwaltung von Sparanstrengungen auszunehmen und sogar auszubauen: "Investitionen in die Steuerverwaltung sind Investitionen mit hohen Renditen." So gingen die Regierungen in Australien, Irland oder Großbritannien alle davon aus, dass sie "durch einen besseren Steuervollzug die Einnahmen mindestens um 20 Prozent steigern können".

Die schwedische SEB verkauft ihr Privatkundengeschäft in Deutschland an die spanische Großbank Santander. Für 555 Millionen Euro werden die 173 Filialen den Besitzer wechseln, wie beide Banken mitteilten. Die Banco Santander verdoppelt damit die Zahl ihrer Geschäftsstellen in Deutschland.

Die Kartellbehörden müssen dem Kauf noch zustimmen, der Abschluss ist zum Ende des Jahres 2010 vorgesehen. Die SEB mit Deutschlandsitz in Frankfurt hat nach eigenen Angaben in Deutschland eine Million Privatkunden und etwa 2000 Beschäftigte. Weder für Kunden noch für die Mitarbeiter soll sich zunächst etwas ändern.

Für die Mitarbeiter besteht nach Angaben eines SEB-Sprechers eine Beschäftigungsgarantie bis Ende 2011. Am Geschäft mit Firmenkunden in Deutschland wollen die Schweden festhalten. "Als größte Volkswirtschaft Europas bleibt Deutschland ein wichtiger Markt für uns", sagte die Chefin des schwedischen Mutterkonzerns, Annika Falkengren.

Die SEB ist seit 35 Jahren auf dem deutschen Markt aktiv. Vor zehn Jahren übernahmen die Schweden das Privatkundengeschäft von der BfG Bank. Im vergangenen Jahr lieferte die SEB mit ihren deutschen Privatkunden einen Verlust von 117 Millionen Euro. Viel bringt der Verkauf an die Santander der SEB nicht. Denn die mit dem Verkauf unmittelbar verbundenen Kosten belaufen sich nach Angaben der Bank auf 375 Millionen Euro.

Hinzu kommen unter anderem Restrukturierungskosten für das verbleibende Deutschlandgeschäft in Höhe von 80 Millionen Euro. Für 2011 rechnet der SEB-Konzern so insgesamt mit einer Ergebnisbelastung von 65 Millionen Euro. Die Banco Santander hat in Deutschland nach eigenen Angaben 176 Filialen und sechs Millionen Privatkunden und trug 2009 insgesamt 385 Millionen Euro zum Nettogewinn der Santander-Gruppe bei.

Seit Monaten war über den Verkauf spekuliert worden. Zuletzt hatten sich Hinweise verdichtet, dass die Santander zum Zuge kommen wird. Auch die italienische Unicredit hatte sich für die SEB-Filialen interessiert.

© sueddeutsche.de/Reuters/AFP/dpa/mel/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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