Filmbörse:Wetten auf Hollywood

Und Action! In den USA startet eine Börse, an der ausschließlich Filme gehandelt werden. Doch Kritiker warnen: Betrug und Abzocke sind programmiert.

Hannah Wilhelm

Avatar hat es geschafft. Der 3D-Science-Fiction-Film von Regisseur James Cameron verdrängte die Schnulze Titanic nach über zehn Jahren vom ersten Platz der finanziell ertragreichsten Filme. Cameron schlug sich damit selbst, denn auch Titanic ist sein Werk.

Der Regisseur scheint also ein Garant zu sein für finanziellen Erfolg - aber echte Garantien gibt es im Filmbusiness nicht. In diesem Geschäft weiß man nie, was läuft und was nicht. Der Erfolg ist unberechenbar, unabsehbar. Dass der dritte Teil der Herr-der-Ringe-Saga von Peter Jackson viel Geld einspielte, war nach dem Erfolg der ersten beiden Teile keine Überraschung.

Aber dann kommt da wieder eine kleine Produktion wie Paranormal Activity, ein Horrorfilm, abgedreht für angeblich nur 15.000 Dollar - und spielt am Ende 107 Millionen Dollar ein. Ein Mysterium.

Wetten auf Erfolgsfilme

An einer neuen Terminbörse sollen Anleger bald auf den finanziellen Erfolg von Filmen wetten können. An ähnlichen Handelsplätzen können Investoren bereits über Preise von Schweinehälften, Reis und Eiern spekulieren. Bekannt ist die Rohstoffbörse Chicago Mercantile Exchange, an der die Preise von landwirtschaftlichen Produkten ausgehandelt werden. Ursprünglich sind solche Börsen dazu da, damit sich die Produzenten, etwa Großbauern, gegen Preisschwankungen ihrer Produkte absichern können.

Voraussichtlich von Ende April an soll eben das auch für Filme möglich sein. Der amerikanische Broker Cantor Fitzgerald möchte solche Wetten über die neue Börse Cantor Futures Exchange anbieten. Das soll laut der Tageszeitung New York Times wie folgt funktionieren: Die Börse bietet die Wette auf einen Film einige Monate vor dessen Kinostart zur Auktion an.

Der Anleger kann dann kaufen: Das Papier wird für jede Million, die der Film in den USA in den ersten Wochen einspielen wird, einen Dollar kosten. Kauft ein Anleger Papiere für 100 Dollar, dann macht er also Gewinn, wenn der Film nach den ersten vier Wochen mehr als 100 Millionen Dollar eingebracht hat.

Anleger haben mehr Ahnung von Filmen als von Aktien

Filmfans konnten bereits seit einigen Jahren über die Hollywood Stock Exchange www.hsx.com auf den Erfolg der Streifen wetten, jedoch nur mit virtuellem Spielgeld und minimalen echten Gewinnen. Auf Platz eins dieser Börse steht derzeit gemessen am Einspielergebnis des vergangenen Wochenendes der schräge Tim-Burton-Film Alice im Wunderland, Platz drei belegt Martin Scorseses Shutter Island und Platz fünf Avatar.

Auch die Hollywood Stock Exchange gehört dem Broker Cantor, seit 2001. Nach Angaben des Unternehmens wetten 200.000 Filmfans dort auf die Einspielergebnisse der Filme. Sie werden künftig auch an der neuen Börse spekulieren, hofft das Unternehmen natürlich.

Richard Jaycobs ist der Präsident der neuen Börse. Er kennt sich aus im Wettgeschäft; einst leitete er die New York Cotton Exchange, an der Baumwoll-Preise ausgehandelt werden. Er träumt nun davon, Zuschauer, Filmfans und -produzenten an die Filmbörse zu locken. Viele Anleger hätten doch mehr Ahnung von Filmen als von Aktien, sagt er. Und deshalb wirbt der Broker auch mit dem Slogan: "Profit from what you know."

Hollywood freute sich über "stupid german money"

Ja, Filme sind sexy, mit Filmen verkaufen sich Finanzprodukte besser als mit Industriemaschinen oder Verwaltungssoftware. Das wussten schon die Anbieter geschlossener Medienfonds, die in Deutschland Anfang des Jahrtausends für die Produktion von Hollywood-Streifen Milliarden von deutschen Anlegern einwarben. In Amerika freute man sich über das "stupid german money", das dumme deutsche Geld. Und nahezu keiner dieser Fonds hat jemals Rendite gebracht. Im Gegenteil: In der Regel sorgten sie für Ärger.

Bereits jetzt wird in amerikanischen Medien darüber diskutiert, ob es sich nicht um Insiderhandel handelt, wenn zum Beispiel ein Filmproduzent oder eine Vertriebsfirma an der neuen Filmbörse ebenso mit den Papieren zocken können wie ein nichtsahnender Filmfan. Letzterer weiß zwar, ob er einem Regisseur oder einem Schauspieler einen Erfolg an der Kinokasse zutraut - aber er weiß nichts über die Höhe des Werbebudgets.

Noch hat die neue Filmbörse die nötige Genehmigung der Aufsichtsbehörde nicht. Richard Jaycobs hofft, am 20.April starten zu können - gerade rechtzeitig für den Blockbuster Iron Man 2. Der startet Anfang Mai und ist besetzt mit Stars wie Robert Downey Jr., Scarlett Johansson und Mickey Rourke. Gibt es die Börse bis dahin, dann dürften deshalb viele wohl auf einen geglückten Kinostart wetten. Vielleicht aber kommt mal wieder alles anders als gedacht. Wie so oft im Filmbusiness.

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