Dämmung:Hanf in der Hülle

Alternative Materialien aus Zeitungspapier, Holz, Wolle oder konventionelle aus Mineralwolle und Schaumkunststoffen: Das Angebot ist groß und unübersichtlich. Was man wissen sollte.

Von Stephanie Hoenig

Die Wärmedämmung hat in Deutschland nicht den besten Ruf. Sie verteuert den Neubau, außerdem sind Fragen wie die Entsorgung noch nicht ausreichend geklärt. "Eine gute Wärmedämmung hält wertvolle Heizenergie im Haus und verringert im Winter den Energiebedarf des Hauses", betont aber Christian Stolte, Bereichsleiter Energieeffiziente Gebäude der Deutschen Energie-Agentur (Dena) in Berlin. "Das sorgt auch für weniger CO₂-Emissionen und trägt so zum Klimaschutz bei." Im Sommer schützt eine gut gedämmte Gebäudehülle vor Hitze. Die Frage, welche Dämmung die richtige ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Im Folgenden eine kleine Dämmstoff-Kunde.

Das Angebot

Dämmstoffe werden oft aus Mineralwolle, Schaumkunststoffen oder natürlichen Wärmedämmstoffen hergestellt. Darüber hinaus gibt es spezielle aufeinander abgestimmte Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) und isolierende Vakuumisolationspaneele. All diese Materialien haben gemeinsam, dass sie eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit aufweisen. "Das heißt, sie lassen sehr wenig Energie in Form von Wärme durch und helfen dadurch, die Wärme im Haus zu behalten", erklärt Stolte.

Die Qualität

Das wichtigste Kriterium für die Beurteilung der wärmedämmenden Wirkung der unterschiedlichen Dämmstoffe ist die Wärmeleitfähigkeit. Sie wird als Lambda-Wert bezeichnet und beschreibt, wie gut der Dämmstoff Wärme transportiert. Dabei gilt: Je niedriger die Wärmeleitfähigkeit des Dämmstoffs, umso besser ist seine Wärmedämmwirkung. Klassische Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) haben einen Wert von etwa 0,02 bis 0,04 W/(mK), hocheffiziente Vakuumisolationspaneele circa 0,004 W/(mK), so Stolte. Das Verhalten eines Dämmstoffes gegenüber Feuchtigkeitsaufnahme ist ein weiteres wichtiges Kriterium, heißt es im "Dämmstoff ABC" des Bauherren-Schutzbundes in Berlin. Man unterscheidet diffusionsoffene kapillaraktive Dämmstoffe (Kalziumsilikat, Mineralschaum, Zellulose), diffusionsoffene nicht kapillaraktive Dämmstoffe (Mineralwolle) und diffusionsdichte nicht kapillaraktive Dämmstoffe (Vakuumdämmplatten, Schaumglas).

Dämmung: Die Thermografie macht Wärmestrahlung sichtbar und zeigt, wo am Haus Schwachstellen sind.

Die Thermografie macht Wärmestrahlung sichtbar und zeigt, wo am Haus Schwachstellen sind.

(Foto: imago)

Ein weiteres Kriterium bei der Auswahl ist das Brandverhalten. Dämmstoffe werden wie alle Baustoffe nach ihrem Brandverhalten in die Baustoffklassen A1 oder A2 (nicht brennbar), B1 (schwer entflammbar) und B2 (normal entflammbar) eingeteilt, erläutert die Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin. Materialien der Baustoffklasse B3 (leicht entflammbar) dürfen im Bauwesen nicht verwendet werden. Baumaterialien der Klasse B2 benötigen laut Dämmstoff-ABC zusätzliche Brandschutzmaßnahmen und sind für Gebäude mit maximal zwei Geschossen zugelassen.

Mineralwolle

"Mineralwolle hat im gesamten Dämmstoffbereich einen Marktanteil von etwa 50 Prozent", sagt Thomas Tenzler, Geschäftsführer vom Fachverband Mineralwolleindustrie in Berlin. Genaue Zahlen seien aber seit 2013 nicht mehr erhoben worden. Mineralwolle ist der Überbegriff für Glaswolle und Steinwolle. Glaswolle wird aus Quarzsand, Kalkstein und bis zu 80 Prozent aus Altglas hergestellt. Steinwolle wird hingegen aus verschiedenen Gesteinsarten wie Diabas, Dolomit und Kalkstein gemacht. Produkte aus Mineralwolle besitzen nach Angaben der Sächsischen Energieagentur in Dresden ein gutes Dämmvermögen und weisen ein breites Anwendungsspektrum von der Dachdämmung, Kerndämmung, Zwischenständerdämmung bis hin zum verputzten WDVS auf. Mineralwolle erreicht die beste Brandschutzklasse A1 und ist nicht brennbar, krebserregende Fasern sind laut Umweltbundesamt(UBA) in Dessau (Sachsen-Anhalt) seit 2000 verboten. Beim Rückbau älterer Mineralwolle ist diese getrennt zu sammeln und es sind Schutzmaßnahmen gegen Faserstäube zu treffen.

Schaumkunststoffe

Ein weiteres großes Segment bilden laut UBA Polystyrol-Hartschäume und Polyurethan-Hartschäume (PUR). Anwendung finden die meist auf Erdöl basierenden Produkte insbesondere im Decken-, Wand-, Keller- und Dachbereich sowie bei der Dämmung von Installationsleitungen (Heizung). Bei Polystyrol-Hartschaum wird nach der Herstellungsart zwischen Partikelschaum (EPS, zum Beispiel Styropor) und Extruderschaum (XPS) unterschieden. EPS und XPS sind als schwer entflammbare Baustoffe (Baustoffklasse B1) zugelassen, so das Dämmstoff-ABC. Dämmstoffe aus PUR-Hartschaum seien überwiegend geschlossenzellige, harte Schaumstoffe. Das Material ist alterungsbeständig, schimmel- und fäulnisresistent und erreicht eine Wärmeleitfähigkeit von nur 0,025 W/mK.

Nachwachsende Rohstoffe

Seit einigen Jahren setzen immer mehr Bauherren auf Wärmedämmungen aus nachwachsenden Rohstoffen. Das Angebot ist vielfältig: Holzweichfaserplatten, Hobelspäne als Einblas- und Schüttdämmstoff, Zellulosematten, Einblaszellulose, Hanffasermatten, Schüttung aus Hanf, Flachsdämmmatten, Schafwolldämmmatten, Strohballen, Schilfrohrmatten oder -platten, Einblasdämmstoff aus Wiesengras. "Es gibt auch Regionales wie Seegras", sagt René Görnhardt von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe in Gülzow (Mecklenburg-Vorpommern). Grundsätzlich gedämmt werden können Decke, Dach, Boden, Innen- sowie Außenwände. Je nach Anwendung gibt es unterschiedliche Dämmstoffsorten, die entweder als lose Flocken in Hohlräume eingeblasen oder als biegsame Platten eingebaut werden. Für Wände und Böden werden eher druckfeste Platten eingesetzt. "Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen dürfen in der Regel aber nicht im erdberührenden Bereich verwendet werden", sagt Görnhardt.

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Wer verhindern will, dass die Wärme durch Fenster und Mauern entweicht, muss dämmen. Das geschieht meist mit Dämmstoffplatten aus Polystyrol.

(Foto: Jens Wolf/dpa)

Enthalten die Dämmstoffe weder bedenkliche Zusätze noch synthetische Stützfasern, sei Kompostierung möglich. Meist hätten diese Dämmstoffe die Baustoffklasse B2 (normal entflammbar). Denn um den Brandschutz zu verbessern, würden die Naturprodukte mit Borsalz und anderen Zuschlägen imprägniert. "Holzfaserplatten - das sind Weichholzfasern aus Tanne und Fichte - und Zellulose, also zerfasertes Altpapier, sind die gängigsten Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen", sagt Görnhardt. Bei der Verarbeitung von Zellulose sei darauf zu achten, dass es zu einer starken Staubentwicklung kommen könne. Deshalb sollten Atemschutzgeräte getragen werden. Pluspunkte: Holzfasern gelten als diffusionsoffen und die Feuchte regulierend.

Außendämmung

Für die Fassadendämmung von außen kommen Wärmedämmverbundsysteme (WDVS), eine vorgehängte Fassade mit dahinter liegender Wärmedämmung oder eine Kerndämmung in Betracht. Viele Hausbesitzer entscheiden sich für WDVS: Das Kernstück bildet dabei eine Dämmplatte, die an der Fassade verklebt oder mit Dübeln befestigt wird. Darauf folgen die Armierungsmasse und das Armierungsgewebe, die Grundierung und letztlich die Schlussbeschichtung. "Von den WDVS-Anbietern werden Systeme mit unterschiedlichen Dämmstoffen angeboten", erklärt Ralf Pasker, Geschäftsführer des Fachverbandes Wärmedämmverbundsysteme in Baden-Baden. WDVS-Systeme mit Polystyrol-Dämmstoffen haben laut Pasker derzeit einen Marktanteil von etwa 70 Prozent, Systeme mit Mineralwolle-Dämmstoffen von circa 25 Prozent. Welches System für ein Gebäude ausgewählt werde, hänge von unterschiedlichen Kriterien ab. "Eine Rolle spielen unter anderem die Anforderungen an das Brandverhalten entsprechend der Landesbauordnungen oder die Anforderungen des Auftraggebers."

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Geeignet sind aber auch Materialien wie Holzweichfaser, Hanf, Flachs und Zellulose.

(Foto: Andrea Warnecke/dpa)

Ist eine Außendämmung nicht möglich, etwa bei denkmalgeschützten Fassaden, ist eine Innendämmung ein Ausweg. Dafür eignet sich zum Beispiel Kalziumsilikat. Es besteht aus Kalk, Sand und Porenbildnern. Es hat eine Wärmeleitfähigkeit von 0,05 bis 0,07 W/mK. Das Material wird oft verwendet wegen seiner guten Eigenschaften gegen Dampf und Feuchtigkeit.

Vakuumisolationspaneele

"Die Dämmleistung von Vakuumisolationspaneelen (VIP) ist fünf- bis zehnmal besser als bei herkömmlichen Dämmmaterialien", sagt Ulrich Heinemann vom Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung in Würzburg. VIPs bestehen aus einem druckstabilen Stützkern, bevorzugt aus pyrogener Kieselsäure, und einer gasdichten Hülle. Den Paneelen werde nach der Herstellung die Luft entzogen, sodass fast ein vollständiges Vakuum im Kern entstehe. "Bei gleicher Dämmwirkung kann die Dämmschicht mit VIPs daher besonders dünn sein."

Fraunhofer-Zentrum für energetische Altbausanierung und Denkmalpflege

Ebenfalls eignen sich Dämmplatten aus Rohrkolben. Der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen stößt aber noch oft auf Vorbehalte.

(Foto: Manfred Neubauer)

Aber diese VIPs sind teuer. Sie werden daher überwiegend in Bereichen eingesetzt, wo wenig Platz vorhanden ist. "VIPs lohnen sich als finanziell günstigere Lösung, wenn dadurch bei der Sanierung weitere Maßnahmen eingespart werden können - zum Beispiel die Verlängerung eines Dachüberstandes", sagt Heinemann. VIPs rechneten sich aber auch in Metropolen wie München oder London, wenn es darum gehe, aus einer teuren Grundfläche möglichst viel nutzbare Quadratmeter zu erzielen.

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