Banken-Lobbyismus:Groß, größer, Ackermann

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Der Chef der Deutschen Bank legt sich für den Schutz von Bankriesen ins Zeug. Seine Argumentation ist dabei erschreckend einseitig.

Carsten Matthäus

Keine Horrornachrichten, Panikattacken und Krisenticker mehr - die Finanzkrise ist Teil der normalen Berichterstattung geworden. Man empört sich zwar noch über unbelehrbare Banker, die schon wieder fette Boni ausschütten wollen. Man ärgert sich als Steuerzahler, dass man nun den Aktionären der Pleitebank HRE den Schaden ersetzen soll. Man wird noch ein wenig nervös, wenn von den Nachwehen der Finanzkrise - Insolvenzen, steigende Arbeitslosigkeit, Zahlungsunfähigkeit von Hauskäufern und Kreditkartenkunden - die Rede ist. Dennoch macht sich, wie bei jeder langen Krise, langsam die Hoffnung breit, dass alles schon nicht so schlimm kommen werde.

Der Bankchef lacht über seine Gegner: Josef Ackermann (Archivbild vom Beginn des Mannesmann-Prozesses am 21. Januar 2004) (Foto: Foto: AP)

Genau in diese Zeit platziert Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, einen Kommentar. In der Financial Times ( FT) schreibt er unter dem Titel "Smaller Banks will not make us safer" ("Kleinere Banken bringen nicht mehr Sicherheit") einen perfekt gedrechselten Lobbyisten-Text. Das darf er, schließlich ist er als Präsident des internationalen Bankenverbands IFF auch so etwas wie der Chef-Lobbyist des internationalen Bankwesens.

Dennoch bestätigt Ackermann mit seinem FT-Beitrag, dass der öffentliche Generalverdacht gegen Banker, sie hätten aus der Finanzkrise zu wenig gelernt und wollten sich jetzt aus der Verantwortung stehlen, durchaus berechtigt ist.

Wortreich beschwört Ackermann vor allem die These, dass Banken groß sein müssen, um Krisen durchstehen zu können. Nur sie könnten genug in Informationstechnologie, Risikomanagement und Infrastruktur investieren, um für echte Stabilität auf dem weltweiten Finanzmarkt zu sorgen. Lehman Brothers und Hypo Real Estate seien ja auch keine wirklichen Großbanken gewesen, sie seien nur sehr stark vernetzt gewesen, so Ackermann.

In seiner Einlull-Rhetorik unterschlägt der Banken-Lobbyist geflissentlich, dass Megabanken wie die Citigroup, Riesen-Versicherungen wie AIG und Hypotheken-Kolosse wie Fannie Mae und Freddie Mac nicht weniger Krisentreiber gewesen sind, als die beiden genannten Pleitebanken - die selbst ja auch schon groß genug waren. Und natürlich geht er nicht darauf ein, dass der Milliardenzocker Jérôme Kerviel sein Unwesen unentdeckt bei Société Générale treiben konnte, einer der größten französischen Banken.

Großbanken, so Ackermann weiter, seien gut für die Weltwirtschaft: Die Globalisierung des Bankwesens, das habe die Zeit vor dem Ausbruch der Finanzkrise gezeigt, könne zur Bekämpfung der Armut beitragen und das Wirtschaftswachstum stützen. Eine Refragmentierung und Rückkehr zu nationalen Einheiten sei deshalb der falsche Weg.

Auch hier betreibt der Bankchef eine unzulässige Vereinfachung. Er erwähnt nicht, dass es vor allem kleine, genossenschaftlich organisierte Banken sind, die die Finanzkrise völlig unbeschadet überstanden haben. Er verweist nicht auf Mikro- und Sozialbanken, die vor, während und nach der Finanzkrise einen weitaus direkteren Beitrag zur Bekämpfung der Armut leisten als internationale Bankenriesen. Das alles passt nicht in den geschliffenen Kommentar eines Großbankenpräsidenten, der die Größe seiner Macht sichern will.

Wie gesagt, als Ober-Lobbyist hat Ackermann jedes Recht, solche Kommentare zu publizieren. Wichtig ist nur, dass die Ansprüche derer, die gerade die Zeche zahlen, ähnlich klar vertreten werden. Und die Zahler sind nun einmal die Bürger, ob sie nun Steuern zahlen oder als Kunden mit schlechteren Konditionen von ihrer Bank abgefertigt werden. Diese Interessen müssen mit harten, gesetzlich fixierten Spielregeln geschützt werden und sicher nicht durch ein neues Schongehege für Bankriesen.

Um es plakativ zu sagen: Wenn einem geschickten Lobbyisten wie Ackermann nicht bald eine ähnlich laute Stimme entgegengestellt wird, die für eine scharfe Regulierung der Bankenbranche plädiert, sehen wir bald wieder das verhasste Victory-Zeichen des Bankchefs.

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