Banken in Deutschland:Ackermann, der vorläufige Krisengewinner

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Europas Schuldenkrise wirbelt das Finanzsystem durcheinander: Es entsteht eine Drei-Klassen-Gesellschaft, und vor allem die Deutsche Bank, die Sparkassen und Genossenschaftsbanken dürfen sich freuen. Doch nun fürchten sich alle vor einem Moment.

Martin Hesse

Auf den ersten Blick haben Josef Ackermann und Heinrich Haasis wenig gemeinsam. Der eine leitet die Deutsche Bank, eine globale Geldmaschine, deren unverändertes Ziel es ist, 25 Prozent Eigenkapitalrendite zu erzielen. Der andere steht dem deutschen Sparkassen- und Giroverband vor, einer Gruppe lokaler Kreditinstitute, die den "Sparsinn der Bevölkerung" pflegen sollen, wie es im Sparkassengesetz heißt. Doch in einem Punkt sind sich der weltgewandte Chef der Deutschen Bank und der arbeitswütige Sparkassenmann Haasis erstaunlich nahe: Sie sind Krisengewinner.

Das Hauptgebäude der deutschen Bank im Frankfurter Bankenviertel: Die Deutsche Bank baut ihre Machtposition an der Spitze aus - mit der Übernahme der Postbank hat Ackermanns Koloss noch mehr Speck auf die Rippen bekommen. Fast zwei Billionen Euro umfasst die Bilanz. (Foto: REUTERS)

Drei Jahre nach dem Crash der Investmentbank Lehman Brothers zeigt das Ranking der größten deutschen Banken, wie sehr die Erschütterungen vom Herbst 2008 nachwirken. Fünf Thesen, wo die deutschen Banken stehen - und wie es für sie weitergehen könnte.

Die Deutsche Bank setzt sich ab

Die meisten Geldhäuser des Landes, so scheint es, schrumpfen um die Wette, während die Deutsche Bank an der Spitze ihre Machtposition ausbaut. Mit der Übernahme der Postbank hat Ackermanns Koloss noch mehr Speck auf die Rippen bekommen. Fast zwei Billionen Euro umfasst die Bilanz. Dagegen ächzen die Commerzbank und die Landesbanken unter dem Diktat der EU-Kommission. Als Ausgleich für Staatshilfen müssen die Kreditinstitute schrumpfen. Die Commerzbank wird auf nationales Maß zurückgestutzt, die Landesbanken bekommen wieder regionalen Zuschnitt. Ob das zum Überleben reicht? Zumindest dürfte sich die Deutsche Bank weiter absetzen: Die Größe bringt Kostenvorteile, Schwächen in einem Bereich kann sie in anderen ausgleichen; auch hilft die internationale Ausrichtung, etwaige Probleme auszubalancieren.

Sparkassen und Genossen holen auf

Neben dem Koloss Deutsche Bank machen sich zwei weitere große Finanzgruppen breit, die in der Statistik gar nicht auftauchen: Die Sparkassen des Heinrich Haasis und die Genossenschaftsbanken. Auf 1,1 Billionen Euro Bilanzsumme kommen die 429 Sparkassen und beim Gewinn - mehr als vier Milliarden Euro - haben sie die Deutsche Bank zuletzt sogar abgehängt, allerdings müssen sie dafür viel mehr Kapital einsetzen, sind also nicht so rentabel. Ähnlich ist es bei den Volks- und Raiffeisenbanken, die zuletzt bei einer Billion Euro Bilanzsumme rund sechs Milliarden Euro verdient haben. Beide Gruppen sind nicht direkt mit den großen Finanzkonzernen vergleichbar, setzen ihnen aber im Wettbewerb heftig zu, vor allem bei Privat- und kleineren Firmenkunden mit ihrer breiten Präsenz in der Fläche. Beide profitieren zudem davon, dass sie sich in der Finanzkrise kaum mit riskanten Geschäften die Finger verbrannt haben.

Die Schwäche der Regionalbanken

Erwischt hat es in der Krise vor allem den Mittelbau des deutschen Bankensystems: Regionale Institute mit globalen Ambitionen wie die Landesbanken sowie die Commerzbank, die sich dabei übernahm, mit dem Kauf der Dresdner Bank zum zweiten nationalen Champion aufzusteigen. Jetzt suchen sie alle ihr Heil in Deutschland. Der starke Aufschwung hat ihnen eine Scheinblüte beschert. Doch im nächsten Abschwung, wenn die Kreditausfälle wieder zunehmen und die Provisionen schrumpfen, wird es für die Regionalbanken eng.

Die Rechnung kommt später

Zwei der größten deutschen Finanzkonzerne tauchen nicht im Größen-Ranking auf: Die Abwicklungsanstalten der WestLB (EAA) und der Hypo Real Estate (FMSW). Gemessen an der Bilanzsumme würde die FMSW etwa auf Platz sechs landen, ganz vorne wäre sie beim Verlust. Drei Milliarden Euro waren es 2010, doch das ist nur ein Zwischenstand. Wie teuer die Rettung der HRE für die Steuerzahler wird, zeigt sich erst in vielen Jahren, wenn alle Altlasten abgewickelt sind. Etwas früher wird klar, ob die Rest-HRE privatisiert werden kann - und mit welchem Ertrag.

Die nächste Krise

Schon bricht der nächste Sturm über Deutschlands Banken herein. Sie haben Milliarden in Staatsanleihen wackeliger Euro-Staaten investiert. Kommt es zu Zahlungsausfällen, trifft es die deutschen Geldhäuser hart. Für Josef Ackermann und Heinrich Haasis wird diese neue Krise womöglich die letzte als Bankchef sein. Ackermann wechselt im Frühjahr in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank; Haasis will im Herbst entscheiden, ob er sich noch einmal an die Spitze des Sparkassenverbandes wählen lässt.

© SZ vom 27.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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