Abgeltungsteuer:Steinbrücks Fehlschuss

Lesezeit: 2 min

Fatales Signal: Die Abgeltungsteuer widerspricht zwei Zielen - die private Altersvorsorge zu stärken und die Spaltung der Gesellschaft zu verhindern.

Alexander Hagelüken

Der Finanzminister ist guter Hoffnung, wieder mal. Peer Steinbrück will die Kapitalflucht der Deutschen stoppen, wieder mal. Ab 1. Januar greift er mit der neuen Pauschalsteuer von Zinsen, Dividenden oder Kursgewinnen 25 Prozent ab. Das ist ziemlich viel, aber deutlich weniger, als Besserverdiener bisher gemäß ihres persönlichen Steuersatzes von Zinseinnahmen entrichten müssen. Dieser Abschlag, so Steinbrücks Kalkül, wird Vermögende zur Ehrlichkeit bewegen.

Streitfall Abgeltungssteuer: Ab Januar 2009 werden Zinsen, Dividenden und Kursgewinne mit 25 Prozent besteuert. (Foto: Foto: ddp)

Guter Hoffnung waren auch Steinbrücks Vorgänger Gerhard Stoltenberg, Theo Waigel und Hans Eichel. Sie alle wollten mehr von den Kapitalerträgen der Deutschen kassieren. Sie alle sind, jeder auf seine Weise, mit ihren Vorstößen gescheitert. Viele Bundesbürger sehen es nicht ein, die Einnahmen aus Kapital zu versteuern, das sie in der Regel aus bereits versteuertem Einkommen gebildet haben. Die Deutschen dürften mindestens 500 Milliarden Euro ins Ausland gebracht haben, an deren Erträgen sie die deutschen Finanzämter nur in sehr überschaubarem Maße beteiligen. Die Schweiz etwa führt für die Guthaben deutscher Bürger Beträge ab, die angesichts geschätzter Einlagen von 200 Milliarden Euro einem Steuersatz von 0,05 Prozent entsprechen - sehr kommod.

Strafe für Anleger

Natürlich, Peer Steinbrück muss es versuchen. Er kann Steuerhinterziehung nicht dulden. Ob er aber mit seiner Abgeltungsteuer Erfolg haben wird, ist zweifelhaft. Umso mehr stören die Konstruktionsfehler der neuen Steuer. Sie widerspricht zwei wichtigen Zielen der Bundesregierung - die private Altersvorsorge zu stärken und die Spaltung der Gesellschaft zu verhindern.

Steinbrücks Gesetz verschiebt die Gewichte zwischen den Geldanlagearten. Auf Zinsen von Festgeld oder Rentenpapieren zahlten die Deutschen bisher schon Steuern. Bestraft wird aber jeder, der ab 1. Januar Aktien oder Aktienfonds kauft. Dividenden erfasst das Finanzamt höher und Kursgewinne das erste Mal komplett. Das ist eine völlig falsche Weichenstellung. Die Erfahrung zeigt, dass Aktien wegen ihrer Natur als Firmenbeteiligungen auf Dauer höhere Erträge bringen als weniger riskante Anleihen. Wäre es anders, würde sich kaum jemand die Mühe machen, ein Unternehmen zu gründen, er könnte ja mit weniger Aufwand und Verlustgefahr Staatspapiere halten.

Selbst einen Einbruch an den Börsen wie 2008 bügelt ein Anleger aus, der Aktien langfristig hält. Deshalb sind Dividendenpapiere ein unverzichtbares Element, um privat fürs Alter vorzusorgen, das die gesetzliche Rente kaum noch ausreichend absichert. Erstens. Und zweitens wird die Spaltung in Reich und Arm zunehmen, wenn nicht endlich mehr Deutsche an den Gewinnen der Unternehmen beteiligt werden. Aktien sind dafür das Instrument der Wahl.

Machtvolles Instrument

Die Geldanlage vieler Deutscher widerspricht diesen Überlegungen. Sie stecken ihre Ersparnisse in Bausparverträge oder Lebensversicherungen, Produkte, die häufig allein die Anbieter durch hohe Erträge erfreuen. Ein Politiker mit Weitblick würde versuchen, diese Tendenz zu korrigieren. Peer Steinbrück dagegen verstärkt diesen Trend, in dem er Aktionäre schlechter stellt als bisher.

Diese falsche Steuerung setzt sich bis in einzelne Anlagen fort. Wer zum Beispiel regelmäßig in einen Sparplan für Aktienfonds einzahlt, muss ab dem kommenden Jahr voll Steuern zahlen. Kapitallebensversicherungen dagegen, der zweifelhafte Mix aus Absicherung gegen den Todesfall und Geldanlage mit oft magerer Rendite, werden besser gestellt. Was bedeutet das? Die Deutschen werden von Januar an vom Aktienkauf abgehalten.

Steuern sind ein machtvolles Instrument. Um der Steuer zu entgehen, haben die Deutschen ihr Geld häufig in fragwürdige Anlagen gesteckt, von den Bauherrenmodellen bis zu den Ostimmobilien der Neunziger Jahre. Die Bundesregierung sollte die Abgeltungsteuer korrigieren, ein gesonderter Freibetrag für Aktieninvestments wäre das Mindeste. Sonst wird Steinbrücks Vorstoß zu einer gigantischen Fehlsteuerung, die schwere Schäden in der Gesellschaft anrichtet.

© SZ vom 30.12.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: