Smartphone-Konversation:Welche Tücken Sprachnachrichten haben

Lesezeit: 3 min

Das Smartphone als modernes Walkie-Talkie? Immer häufiger werden Audio-Botschaften über das Telefon verschickt. (Foto: iStockphoto)

Schreiben war gestern: Es wird wieder mehr gesprochen am Smartphone - allerdings nicht miteinander.

Von Felicitas Lachmayr

Wir tippen ohne Punkt und Komma. Allein über den Kurznachrichtendienst Whatsapp werden weltweit etwa 30 Milliarden Mitteilungen pro Tag verschickt. Das kann einem schon mal die Sprache verschlagen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Denn es wird wieder gesprochen am Smartphone.

Allerdings nicht im Sinne eines klassischen Telefonats. Denn dafür müssten beide Gesprächspartner genau im selben Moment Zeit haben. "Telefonieren? Jetzt? Sorry, keine Zeit." Statt auf den passenden Moment oder Rückruf zu warten, verschickt der smarte User von heute eine kurze Sprachnachricht. Damit kann er all das loswerden, was ihm seit drei Sekunden auf der Zunge brennt, auch ohne Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung.

Gesprächsfetzen am laufenden Band

Das Smartphone mutiert zu einer Art modernem Walkie-Talkie. Einziger Unterschied: die Gesprächsfetzen werden als Audioaufnahmen versendet und können vom Empfänger zu einem beliebigen Zeitpunkt abgehört werden. Beide Seiten sind unabhängig miteinander verbunden. Jeder kann selbst entscheiden, wann und ob er etwas sagen oder hören will. Ungefragt bleibt lediglich der Sitznachbar in der U-Bahn, aber der hat sowieso nichts zu melden.

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Bilder, Videos - und jetzt auch Tonaufnahmen: Der Kurznachrichtendienst Whatsapp rüstet seine App mit neuen Funktionen auf und knackt nebenbei die 300-Millionen-Nutzer-Marke. Doch es gibt auch Alternativen zum populären Messenger: Zum Beispiel für Nutzer, die lieber verschlüsselt kommunizieren möchten.

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Wie lange ununterbrochen ins Telefon hinein gequatscht werden kann, hängt von der jeweiligen App ab. Manche Anbieter beschränken die Gesprächsdauer auf wenige Minuten, über einige lassen sich unbegrenzt lange Audiobotschaften versenden. Es bleibt dann dem Empfänger überlassen, wie lange er zuhört, bevor er Hirn und Gerät abschaltet.

Damit vereint die Sprachnachricht die Interessen der Dauertelefonierer und Anrufhasser gleichermaßen. Während der eine ungestört drauf los plappern kann, freut sich der andere, die verbale Dauerberieselung jederzeit mit einem einzigen Knopfdruck beenden zu können.

Ein Wort sagt mehr als tausend Smileys

Noch einen Vorteil haben die kleinen Tonspuren. Sie sparen Zeit. Denn Worte sind schneller gesagt als getippt. Statt auf dem Weg zur U-Bahn in aller Hektik ein umständliches "Bin grleich da. Wlate nicht auf mich" in die Tasten zu jagen und dabei nur knapp der im Weg stehenden Straßenlaterne auszuweichen, ermöglicht eine kurze Sprachnachricht ein beinahe elegantes Zuspätkommen: "Hey, sorry, dass ich mich verspäte. Ich habe die S-Bahn verpasst und brauche noch fünf Minuten. Aber geh schon mal rein. Ich freue mich, Dich zu sehen. Bis gleich." Ein paar Worte, in denen der entschuldigende Ton samt Erklärung mitschwingt, sagen eben mehr als fünf Küsschen werfende Emojis, denen die Schamesröte ins Gesicht geschrieben steht.

Überhaupt hat die gesprochene Sprache in Bezug auf Gefühlsäußerungen einiges mehr zu bieten als die unüberschaubare Palette an aufdringlich lachenden, weinenden oder staunenden Smileys. Ein selbst gesungenes Geburtstags-Gstanzl per Sprachnachricht dürfte den Gefeierten mehr berühren als Emojis wie Partyhütchen und überschwappende Champus-Gläser. Ein ironischer Kommentar, der sich zwischen den Zeilen versteckt und sich trotz zahlreicher im Text platzierter Zwinker-Smileys nur schwer zu erkennen ist, ist deutlich leichter zu verstehen.

Ist der Austausch der kleinen Tonspuren also ein Schritt heraus aus der Isolation des Chatverlaufs? Ja, könnte man auf den ersten Blick meinen. Statt Wortkaskaden in ein Textfeld zu tippen, spricht der angebliche " Smombie" von heute wieder ganze Sätze in das Telefon und schafft damit Nähe zwischen sich und seinem Zuhörer.

Sprachlosigkeit am anderen Ende der Leitung

Bei genauerem Hinhören erinnert die Audio-Botschaft allerdings eher an ein Selbstgespräch oder eine altertümliche Anrufbeantworternachricht ohne Ansage und Piep-Ton. Gestellte Fragen bleiben offen, gutgemeinte Ratschläge unerhört. Und dazwischen schwebt das Gefühl wortloser Distanz. Allein das Lauschen der menschlichen Stimme ändert daran wenig. Denn die aufgenommene Tonspur hat mit einem direkten Gespräch so viel gemein, wie ein handgeschriebener Brief mit einem 30-Zeichen-Tweet.

Und bei aller Liebe für das gesprochene Wort. Nach der zwanzigsten Tonspur, die im Nachrichten-Verlauf eines Tages aufploppt, stellt sich die Frage, ob ein kurzes Telefonat oder eine Minute des Schweigens nicht doch effizienter gewesen wären.

Besonders dann, wenn es sich bei den Aufnahmen um rauschhafte Erkenntnisse der letzten Nacht handelt, die einem der beste Kumpel ungewollt ins Ohr lallt. Da bedarf es für eine SMS schon ein wenig mehr Fingerspitzengefühl, zumindest was die Treffsicherheit der Tasten angeht. Aber das sind sie eben, die kleinen Lücken und Tücken der Kommunikation, die sich auch mit einer kurzen Audio-Botschaft nicht vermeiden lassen.

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