Recycling von Elektroschrott:Apple macht Ärger

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Recyclingfirmen gewinnen aus Elektroschrott wertvolle Metalle zurück. Das ist ein aufwendiger Prozess, der sich aber finanziell vielfach auszahlt. Ärger macht den Recyclern hierzulande nur das gedankenlose Design von Geräten wie dem iPhone.

Sophie Crocoll

Erst entnehmen Mitarbeiter die Batterien, dann zerkleinern Maschinen die Mobiltelefone, Magnete ziehen die Metallteilchen an und ein Luftstrom saugt die leichteren Plastikpartikel ab. So beschreibt Manfred Fahrner die Arbeit des Recycling-Unternehmens Alba R-plus, bei dem er den Vertrieb leitet. Das Metallgemisch, das übrig bleibt, verkauft die Firma an Metallverwerter wie Umicore, die es schmelzen und aus dieser Schlacke einzelne Metalle herauslösen - rein, wie aus dem Bergbau. Wie genau, das bleibt Betriebsgeheimnis.

Apples iPhone ist schwierig zu recyceln, weil der Akku fest verbaut ist, beklagen Fachbetriebe. (Foto: Bloomberg)

Es ist, als versuche man, das Salz aus der Suppe zu fischen, so beschreiben manche in der Branche das Geschäft, Handys, MP3-Spieler, Computer und Konsolen zu zerlegen, um Indium, Germanium und Tantal zurückzugewinnen. Die seltenen Metalle kommen nur in kleinsten Mengen in den Geräten vor. Sie zu recyceln, ist technisch sehr aufwendig.

Aber es ist ein Aufwand, der sich für die Unternehmen lohnt. Ein Handy steckt voller wertvoller Metalle: Aus einer Tonne Erz gewinnen Bergbaukonzerne höchstens fünf Gramm reines Gold. Eine Tonne Mobiltelefone enthält dagegen mehr als das Dreifache dieser Menge. Die Kontakte in den Geräten sind oft mit dem Metall beschichtet, um sie vor Rost zu schützen. Zudem sind in jedem Handy etwa neun Gramm Kupfer verbaut. Für Recycling-Firmen rechnet sich die Verwertung alter Handys. Der Wert der Metalle in einer Tonne Handys liege abzüglich der Kosten für die Verarbeitung bei gut 10 000 Euro, rechnet Christian Hagelüken vor. Er ist bei Umicore für die Entwicklung der Metallgewinnung zuständig.

Hälfte des Bedarfs aus Recycling

Und es geht um Knappheit: Indium beispielsweise ist einer der seltensten Rohstoffe der Welt. Die natürlichen Vorräte könnten bis 2020 so weit erschöpft sein, dass sie den Bedarf nicht mehr decken. Die Industrie sucht also nach Ersatz - und findet ihn auch in Form von Indium, das schon einmal verwendet wurde. "Etwa die Hälfte unseres Bedarfs an Metallen decken wir selbst aus Recycling", sagt Hagelüken.

Für Unternehmen entlang der Recycling-Kette sind die gut 80 Millionen Handys, die, so Schätzungen, in deutschen Schubladen liegen, daher ein interessanter Rohstoff. Auch, wenn sie nur einen kleinen Teil der recycelten Geräte ausmachen würden. "Wir verarbeiten 100 000 Tonnen Elektroschrott im Jahr", sagt Manfred Fahrner. 80 Millionen Mobiltelefone aber ergeben ein Volumen von gerade einmal sieben bis achttausend Tonnen. Alte Handys, Laptops und PCs bekommt das Unternehmen meist über die kommunalen Wertstoffhöfe, die einen Großteil der Geräte sammeln. Sie abzugeben, ist kostenlos. Sie in den Hausmüll zu werfen, verboten. Ähnlich wertvoll wie Handys sind für die Recycling-Branche Festplatten, Leiterplatten und Navigationsgeräte.

In ihnen stecken neben Gold, Silber und anderen Rohstoffen auch die Metalle der Seltenen Erden wie Yttrium. Die kommen zwar häufig in der Erdkruste vor, aber meist nicht in der nötigen Konzentration, um sie wirtschaftlich zu gewinnen. China hat hier das Monopol und liefert 97 Prozent der Weltproduktion. Zeitweise hat das Land den Export stark gedrosselt - und so die Preise nach oben getrieben.

Beim Metallverwerter Umicore werden die Seltenen Erden im Verarbeitungsprozess aus der Schlacke quasi Huckepack mit Gold, Silber und Palladium zurückgewonnen. Ein schwieriger und teurer Prozess. "Wirtschaftlich ist das derzeit bei Akkus von Elektro-Autos, weil es für deren Recycling aus Sicherheitsgründen eine Zuzahlung vom Lieferanten gibt", sagt Hagelüken. Für die meisten Entsorgungsunternehmen wie Alba R-plus lohnt sich dieser Teil des Geschäfts nicht. Viele Unternehmen fordern neue Sammelmethoden in Deutschland, damit Handys und Laptops nicht jahrelang herumliegen, bevor sie in den Recycling-Kreislauf gelangen.

Wichtiger sei aber, illegale Ausfuhren nach Afrika und Asien zu verhindern. Der Export von Schrott ist eigentlich verboten. Oft landen alte Geräte aber als Gebrauchtwaren deklariert in ärmeren Ländern, weil dies ist ein lukrativeres Geschäft ist. Dort werden sie per Hand auseinandergebaut, einzelne Teile über offenem Feuer verbrannt, um an die Metalle zu gelangen. Ein Prozess, bei dem viele wertvolle Stoffe verloren gehen. Arbeiter ruinieren darüber hinaus ihre Gesundheit und die Umwelt leidet.

Recycler ärgern sich auch über das gedankenlose Design der Geräte. Bevor sie ein Handy verwerten können, müssen sie den Akku entnehmen. Ist der fest eingebaut wie beim iPhone von Apple, wird es schwierig. Auch Flachbildschirme lassen sich schlecht auseinander nehmen, weil sie Quecksilber enthalten. Für Wiederverwerter wäre es hilfreich, wenn sich Hersteller schon am Anfang überlegen würden, wie sich ihre Geräte am Ende wieder auseinander bauen lassen. Das ist bislang jedoch die Ausnahme.

© SZ vom 10.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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