Computerspiel "The Banner Saga":Die Götter sind tot

Lesezeit: 3 min

Bogenschütze Rook und seine Tochter Alette. (Foto: Screenshot: Stoic)

Das Wikinger-Strategiespiel "The Banner Saga" erzählt eine düstere Fantasy-Geschichte in altmodischen Zeichentrick-Bildern. Als ob "Game of Thrones" von Disney verfilmt worden wäre. Doch dem unabhängigen Entwicklerstudio Stoic droht juristischer Ärger.

Von Matthias Huber

Angespielt, nicht durchgespielt: Unsere Games-Kurzkritik "Screenshot" beantwortet Fragen zu den neuesten Computer- und Videospielen auf allen gängigen Plattformen. Und gibt einen ersten Eindruck, worauf Sie sich bei einem neuen Spiel freuen können - und wann Sie lieber noch skeptisch sein sollten.

Worum geht es in The Banner Saga?

Wikinger - oder zumindest so etwas ähnliches. The Banner Saga spielt in einer nordischen Fantasy-Welt, in der die Götter gestorben sind und die Sonne vom Himmel verschwunden ist. Menschen kämpfen in diesem winterlich-kargen Szenario Seite an Seite mit den Varl, ein Volk gehörnter Riesen, gegen die dämonischen Dredge. Der Spieler verfolgt die Geschichten zweier Flüchtlingszüge, die sich aufeinander zu bewegen. Er bestimmt über die Nahrungsmittelvorräte und ob es sich die Karawane leisten kann, weitere Wehrlose mitzunehmen. Und er führt kleine Truppen aus einer Handvoll Figuren - axtschwingende Varl-Krieger, Ritter in schwerer Rüstung, flinke Bogenschützen - in herausfordernde Gefechte, die den Kern dieses Strategiespiels ausmachen.

Was sieht vielversprechend aus?

Die Zeichentrick-Optik. Die unaufgeregt erzählte, sorgsam geschriebene Geschichte. Und das wunderbar anspruchsvolle Strategiespiel selbst. Die Regeln sind faszinierend einfach - und schaffen dennoch eine Menge Spieltiefe. Jede Figur hat einen Wert für Stärke und einen für die Rüstung. Bei jedem Angriff muss sich der Spieler entscheiden, welchen der beiden Werte er beim Gegner attackieren und in der Folge reduzieren will. Angriffe auf die Rüstung machen zukünftige Schläge gegen die Stärke effektiver, aber erst wenn die Stärke auf Null gesunken ist, ist ein Gegner ausgeschaltet. Umgekehrt bestimmt die Stärke nicht nur die verfügbare Lebenskraft, sondern auch, wie kräftig die Figur selbst zuschlagen kann. Der Spieler steht also oft vor der Entscheidung, ob er lieber sofort nur geringen Schaden zufügen will, oder erst einmal gar keinen und dafür den Figuren, die nach ihm an der Reihe sind, einen Vorteil verschafft. Der Ausgang der Kämpfe hängt viel mehr von diesem strategischen Zwiespalt ab als von zufälligen Würfelergebnissen.

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Warum sollte man trotzdem skeptisch sein?

Weil die Spielemacher juristischen Ärger am Hals haben und somit Patches, zusätzliche Spielinhalte oder gar eine Fortsetzung ungewiss sind. Das Entwicklerstudio King, verantwortlich für das immens erfolgreiche Touchscreen-Spielchen Candy Crush Saga geht gegen andere Spiele vor, in deren Titel die Worte "Candy" oder "Saga" auftauchen. Auch Banner-Saga-Entwickler Stoic hat bereits Post von den King-Anwälten bekommen - für das Independent-Studio möglicherweise eine ernsthafte finanzielle Bedrohung: The Banner Saga sammelte zur Finanzierung über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter etwa 720.000 Dollar ein. Candy Crush Saga hingegen setzt Schätzungen zufolge jeden einzelnen Tag mit In-App-Käufen etwa eine Million Dollar um.

Woran erinnert The Banner Saga?

Als hätte Walt Disney "Game of Thrones" verfilmt. "Winter is coming", ist ein wiederkehrender Satz in der Roman- und Fernsehserie von George R. Martin. Ein Satz, der vor einem besonders harten Winter warnt, der viele Jahre andauern soll. In Banner Saga ist dieser Winter bereits eingetroffen. Menschen sind am Verhungern oder auf der Flucht vor den marodierenden Dredge. In den wenigen noch nicht überrannten Städten kämpfen ehrgeizige Fürsten um die Vorherrschaft, anstatt der Bevölkerung zu helfen oder eine Verteidigung zu organisieren. Jeder verfolgt eine eigene Agenda - auch die mysteriösen und mächtigen Varl, die zwar gemeinsam mit den Menschen gegen die Dredge kämpfen, aber aus eigennützigen Motiven. Der Vater der Bogenschützin Alette findet sich nach dem Tod eines Häuptlings plötzlich als Anführer eines Flüchtlingstreiks wieder - und muss sich zwischen dem Wohl seiner Karawane und der Sicherheit seiner Tochter entscheiden. All das erzählt Banner Saga in wunderbar detailreich gezeichneten Bildern, die aus einem altmodischen Disney-Trickfilm stammen könnten.

Was passiert, wenn man das Spiel zum ersten Mal startet?

Die Varl kommen. Und greifen sofort in die Geschicke der Menschen ein. Als ein Gesandter der gehörnten Riesen am Hof eines Wikinger-Häuptlings eintritt, stolpert er direkt in einen Attentatsversuch. Der Spieler wehrt mit drei weiteren hünenhaften Kriegern die Angreifer ab, bekommt dabei Schritt für Schritt die Regeln des Spiels erklärt - und erlebt, dass in der Welt von Banner Saga selbst Verbündete nur für einen kurzen Moment verlässliche Partner sind.

The Banner Saga (keine USK) ist im Januar 2014 für PC und Mac erscheinen und über Download-Plattformen wie Steam erhältlich.

Linktipp: Ausführliche englischsprachige Kritik bei Pop Matters.

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