Pädagogen-Klischees:Typisch Lehrer

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Lehrer-Klischees findet Catrin Kurtz ermüdend.

(Foto: Illustration: Katharina Bitzl)

Nett und nachsichtig? Catrin Kurtz entspricht so gar nicht dem Klischee einer Religionslehrerin - zum Bedauern ihrer Schüler. Was wirklich dran ist an Pädagogen-Stereotypen.

Was? Du bist Religionslehrerin? Manch einer kann das nicht glauben, entspreche ich doch so gar nicht dem weitverbreiteten Klischee: öko, spirituell, nett und nachsichtig. Neulich teilte mir eine Schülerin mit, dass ich gar keine Religionslehrerin sein könne, weil ich dazu viel zu streng sei.

Auch wenn es den Lehrer nicht gibt, so wissen doch die meisten (selbst die, die bereits vor 30 Jahren die Schule verlassen haben), was "typisch Lehrer" ist. Das allgemeinste und gängigste Vorurteil: Lehrer haben sich für diesen Job entschieden, weil sie als Beamte unkündbar sind. Nicht zu vergessen natürlich auch die Sache mit den Ferien - sechs (!!!) Wochen allein im Sommer.

Die Vorstellungen bezüglich Motivation und Arbeitsmoral sind aber nur der Anfang. Wie mir geht es auch den anderen Fachkollegen, sie müssen sich an bestimmten Klischees messen lassen.

Kunstlehrer, nur echt mit farbbespritzten Klamotten

Da wäre der verpeilte Kunstlehrer, der schon von Weitem an seinen farbbespritzten Klamotten zu erkennen ist, den die Schüler lieben und der immer zu spät zu den Konferenzen kommt, weil er noch den Kunstsaal aufräumen musste. Der IT-Lehrer ist in der Vorstellung immer ein bisschen verschroben (oder neudeutsch: nerdy) und der Zeit hinterher. Im html-Unterricht bekommt er einen leeren Blick, wenn die Schüler von Facebook erzählen und fragen, ob sie seine besten Sprüche twittern dürfen.

Der Deutschlehrer würde gerne Schiller und Goethe unterrichten, muss sich stattdessen aber mit Umgangssprache und Rechtschreibproblemen herumschlagen. Er leidet unter chronischer Korrigieritis, auch privat. Grammatikfehler im Gespräch werden umgehend verbessert; SMS schickt er schon mal zurück an den Absender - inklusive Korrekturnoten. Ähnlich absolutistisch legt der Mathelehrer sein Fach aus: Er ist überzeugt, dass es das einzig wichtige ist; mit diebischer Freude quält er Schüler mit Formeln, die sie im Alltag nie brauchen werden.

Der Sportlehrer - jung, durchtrainiert und gutaussehend - ist das Objekt der Begierde, auf dem Schulhof und im Lehrerzimmer. Er verzückt aber nicht nur Schülerinnen und Kolleginnen: Seine Sprechstunden sind immer gut besucht von besorgten Müttern.

Klischee und Wirklichkeit

Was soll ich sagen. Vielleicht gibt es diese Lehrer-Typen in Ansätzen auch an meiner Schule - aber ein vollkommenes menschliches Klischee ist mir noch nie untergekommen.

Unser Kunstlehrer ist organisiert und immer top gekleidet. Unser IT-Lehrer weiß sehr genau, was Facebook ist, und bevor die Schüler twittern, ist es eher wahrscheinlich, dass er selbst die besten Schülersprüche auf diese Weise veröffentlicht. Der Deutschlehrer hat Goethe und Schiller kurz nach dem Studium ins hinterste Regal verbannt und liest im Unterricht lieber Bücher, die Schüler ihm empfehlen. Und unsere Sportlehrer sind allesamt schon etwas älter - was die Kolleginnen bedauern und sich regelmäßig junge Sportkollegen wünschen.

Tja, und ich selbst? Die "liebe Religionslehrerin" bin ich schon mal nicht. Aber wenn mich Schüler fragen "Können Sie das bitte dem Herr Mayer ins Fach legen?", kann ich mir ein "Herrn, das heißt Herrn!" nicht verkneifen. Typisch Deutschlehrerin halt.

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