Schulrecht:Was Eltern von Schulanfängern wissen sollten

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Wer entscheidet, auf welche Grundschule mein Kind geht? Was ist das Sprengelprinzip? Und wie funktioniert der Übertritt aufs Gymnasium. Basiswissen für Eltern.

Sabrina Ebitsch

Schulpflicht:

In Deutschland herrscht Schulpflicht - für alle Kinder mit Vollendung des sechsten Lebensjahrs und mindestens bis zum Abschluss des neunten Schuljahres. Die Eltern sind dafür verantwortlich, dass Minderjährige die Schule besuchen, sonst werden Bußgelder oder sogar Freiheitsstrafen fällig. Für Azubis im dualen System gilt außerdem die Berufsschulpflicht parallel zu ihrer Ausbildung.

Anders als in vielen Ländern ist in Deutschland mit der Schulpflicht auch der Schulbesuch vorgeschrieben - Kinder können also nicht, wie etwa mit der in den USA herrschenden Bildungspflicht, zu Hause unterrichtet werden.

Entsprechend führen Eltern, die ihre Kinder zu Hause unterrichten wollen, seit Jahren einen mitunter erbitterten Kampf gegen das deutsche Bildungssystem und seine Vorschriften. Ein US-Gericht gewährte einer Familie, die den Schulbesuch verweigerte, gar politisches Asyl.

Die restriktive Schulpflicht ist aber auch unter Bildungsexperten durchaus umstritten: Kritiker plädieren für eine liberalere Bildungspflicht, die es Eltern und Kindern überlässt, wie und wo sie lernen.

Sprengelprinzip:

Von der ersten bis zur vierten beziehungsweise sechsten Klasse herrscht bis auf wenige Ausnahmen keine freie Schulwahl. Die künftigen Erstklässler werden je nach Wohnort einer bestimmten Schule im entsprechenden Grundschulbezirk zugeteilt. Das so genannte Sprengelprinzip oder die Sprengelpflicht soll dafür sorgen, dass der Weg zur Schule für die Kleinen nicht allzu weit ist, und außerdem soziale Selektion bereits zum Schuleintritt verhindern.

Es kommt jedoch durchaus vor, dass Eltern ihre Kinder unter der Adresse von Verwandten anmelden, um sie so auf eine vermeintlich oder tatsächlich bessere Grundschule schicken zu können.

Auch mit einem Gastschulantrag, in dem Gründe für den Besuch einer anderen Schule wie etwa die Nähe zum Arbeitsplatz aufgeführt werden, können Familien unter Umständen das Sprengelprinzip umgehen. Eine Alternative zu den Regelschulen sind freie wie Waldorf- oder Montessori-Schulen, deren Besuch aber meist erst ein genehmigter Antrag beim Schulamt und ein überstandenes Auswahlverfahren ermöglicht.

Einschulung:

An ihrem ersten Schultag können deutsche Kinder fünf, sechs oder sieben Jahre alt sein - der Schuleintritt wurde Ende der 1990er Jahre bewusst flexibler gestaltet, vorzeitige Einschulungen und Zurückstellungen erleichtert.

Von Bundesland zu Bundesland gibt es unterschiedliche Stichtagsregelungen und Mindestalter: Hat ein Kind nach dem Stichtag - in Bayern beispielsweise der 30. Juni - Geburtstag, ist es ein Kann-Kind, das schon in diesem oder aber erst im nächsten Jahr in die Schule gehen kann. Hat das Kind davor Geburtstag, müssen die Eltern es ein dreiviertel bis ein halbes Jahr vorher in der Schule anmelden.

Entscheidend für den Einschulungstermin sind aber nicht Stichtage, sondern die geistige, körperliche und emotionale Reife des Kindes, über die die Eltern, Lehrer, Erzieher und die Schuleingangsuntersuchung entscheiden. Weitere Hinweise finden sich bei der Stiftung Warentest und hier.

Übertritt:

Wie es für Schüler nach der vierten (oder sechsten) Klasse weitergeht, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt: In der einen Hälfte herrscht freie Schulwahl, sodass die Eltern selbst entscheiden, ob ihr Kind auf Haupt-, Realschule oder Gymnasium gehen soll. Die Schule spricht dabei eine Empfehlung aus, für welche weiterführende Schulart das Kind geeignet ist. Nach einer Probezeit wird endgültig entschieden, ob das Kind bleibt oder besser an eine andere Schule wechselt.

In der anderen Hälfte der Länder legen Notengrenzen klar fest, welche Schüler aufs Gymnasium dürfen und welche nicht. Mit Prüfungen oder Probeunterricht haben auch Schüler mit schlechteren Zensuren noch eine Chance. In Bayern beispielsweise ist ein Notendurchschnitt von 2,33 nötig, damit der Schüler direkt ans Gymnasium wechseln kann.

Sind die Noten schlechter, kann er die Lehrer mit einem dreitägigen Probeunterricht mit schriftlichen und mündlichen Prüfungen überzeugen, dass er doch fürs Gymnasium geeignet ist. Dasselbe gilt für die Realschule, wobei hier allerdings ein Notenschnitt von 2,66 ausreicht.

In jedem Fall müssen die Eltern ihr Kind etwa ein halbes Jahr vor Beginn des neuen Schuljahres mit Übertrittszeugnis und Geburtsurkunde an der weiterführenden Schule anmelden.

Grundsätzlich gilt aber: Die Kinder vor allzu viel Leistungsdruck und Stress schützen, denn das deutsche Schulsystem ist durchlässiger als es scheint; wer sich erfolgreich durch Haupt- und Berufsschule schlägt oder in der Realschule gute Noten hat, kann immer noch Abitur machen und studieren.

Lernmittelfreiheit:

Noch bis vor wenigen Jahren war es selbstverständlich, dass Schulbücher und oft auch Arbeitshefte und sonstige Lernmaterialien an öffentlichen Schulen umsonst sind. Die grundsätzliche Lernmittelfreiheit sollte für Bildungsgerechtigkeit sorgen. Dann kamen der Pisa-Schock und zahlreiche Bildungsreformen, die mit einem wachsenden Spardruck einhergingen und dieses Grundprinzip aufweichten. Neue Bücher und Lernmaterialien wurden angeschafft, bei deren Finanzierung viele Länder und Kommunen auf Beteiligung der Eltern angewiesen waren.

Mittlerweile ist es von Bundesland zu Bundesland verschieden, wie viel und wofür die Eltern zuzahlen müssen. Neben uneingeschränkter Lernmittelfreiheit, Zuzahlungsmodellen und der Eigenanschaffung von Büchern gibt es auch Zwischenlösungen, wonach beispielsweise Bücher frei sind, aber Arbeitshefte selbst gekauft werden müssen.

Immerhin werden einkommensschwache Familien in der Regel unterstützt oder sind von der Zuzahlung ausgenommen. Die Situation in den einzelnen Ländern hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissen aufgeschlüsselt.

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