Weinlese:Zu warm für Eiswein

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Die meisten Winzer im Freistaat haben die Hoffnung aufgegeben, dass sie in diesem Winter noch gefrorene Trauben lesen und pressen können

Bei frühlingshaften Temperaturen ist für Bayerns Winzer der Traum vom Eiswein des Jahrgangs 2015 beinahe ausgeträumt. Die Winzer in einem guten Dutzend Weingütern hatten bei der Weinlese im Herbst ein paar Trauben an den Rebstöcken hängen lassen, um daraus Eiswein pressen zu können. Das ist allerdings nur möglich, wenn es in den Weinbergen mindestens minus sieben Grad Celsius kalt ist. Denn der likörähnliche süße Wein darf nur gefroren geerntet und gepresst werden. Und nach knackigen Minustemperaturen sieht es - zumindest in den kommenden zwei Wochen - nicht aus.

Manche Winzer hoffen deshalb auf einen klirrenden Januar. Andere haben ihre Hoffnungen allerdings bereits begraben. "Der Eiswein ist nicht in Sicht. Wir haben deshalb entschieden, die Trauben zu holen und sie zu einer Beerenauslese zu verarbeiten", sagt beispielsweise Jürgen Dahms vom gleichnamigen Weingut in Schweinfurt. Mit den Trauben könne man immerhin etwa 120 Liter Wein und damit etwa 10 000 Euro generieren. Für eine Beerenauslese ist ein Mostgewicht von mindestens 125 Grad Öchsle nötig. Das Mostgewicht gibt den Zuckergehalt der Trauben an. Je länger die Beeren am Stock hängen, desto mehr schrumpeln sie ein. Das erhöht das Mostgewicht. Auch für den Eiswein sind mindestens 125 Grad Öchsle nötig, Trockenbeerenauslese hat sogar mindestens 150 Grad Öchsle. Diese Weine gelten als Krönung des Winzerjahrs. "Der Eiswein hätte den grandiosen Jahrgang 2015 komplettiert, den wir bereits im Keller haben", sagt Winzer Christian Reiss, der auch Reben in der berühmten Lage Würzburger Stein hat. "Aber es wird dieses Jahr keinen Eiswein geben. Dafür war es in den vergangenen Wochen zu feucht und zu warm." Eine hervorragende Trockenbeerenauslese sei aber durchaus drin.

Winzer Hans-Jürgen Hart aus Thüngersheim (Kreis Würzburg) setzt dagegen alles auf eine Karte: "Ich hoffe auf Mitte Januar. Aber das nasse Wetter könnte mir einen Strich durch die Rechnung machen, dann war alles für die Katz." Denn zu viel Regen wäscht den Zucker aus, und im schlimmsten Fall sind dann nicht einmal Beeren- oder Trockenbeerenauslese möglich. "Es ist immer ein Risiko", sagt der Winzer.

Und doch hoffen jedes Jahr wieder einige bayerische Winzer auf die Chance. Denn Eiswein gilt für sie als I-Tüpfelchen der Weinproduktion. Die Kür nach der regulären Arbeit sozusagen. Der süffige Tropfen ist vor allem eine Ergänzung des Angebots. Gerade für renommierte Weingüter ist der sehr teure Eiswein ein wichtiges Aushängeschild. Doch die Klimaveränderungen machen es den Winzern schwerer. 2013 etwa musste die Eisweinlese wegen der zu warmen Temperaturen in Franken komplett ausfallen.

© SZ vom 28.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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