Waidgerechtigkeit:Das große Halali

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Plage: In Bayern richten die vielen Wildschweine viel Schaden an. (Foto: Renate Schmidt)

Jägerpräsident Vocke und die Nachtsichttechnik

Von Christian Sebald, München

Wenn es um die Jagd auf Wildschweine geht, spricht Jägerpräsident Jürgen Vocke Klartext. Sie sei anstrengend und schwierig, lautet sein Credo, weil die Tiere ungemein schlau sind. "Da muss man Nächte draußen sitzen", sagt Vocke, "das ist ja auch nicht grad die größte Freude, da warten, kommen die jetzt um zwölf oder kommen sie nachts um drei." Aber das ist es nicht alleine. Obwohl die Jäger von Jahr zu Jahr mehr Wildschweine schießen - 2014 waren es bayernweit 68 000 Stück -, werden die Tiere immer mehr. Das sieht man an den immensen Schäden, die sie anrichten, wenn sie auf Nahrungssuche Felder und Weiden durchwühlen. Vocke spricht gar von einer "Explosion" der Population. "Da können wir jagen, wie wir wollen", sagt er, "wir laufen immer einer Entwicklung hinterher".

Gleichwohl wehrt sich Vocke strikt gegen Neuerungen bei der Jagd. Als Agrarminister Helmut Brunner (CSU) dieses Jahr den Jägern in besonders schlimm betroffenen Regionen erlauben wollte, Nachtsichtgeräte für die Wildschweinjagd zu nützen, war Vocke sofort höchst empört. "Da bleibt der Respekt vor den Tieren und die Waidgerechtigkeit völlig auf der Strecke", wetterte er. "Und es wird keinerlei Rücksicht mehr auf ihr Ruhebedürfnis genommen." Gebetsmühlenartig verwies Vocke auch darauf, dass die Jagd mit Nachtzieltechnik verboten ist. Schon der Besitz entsprechender Gerätschaften kann mit Bußgeldern von bis zu 5000 Euro belegt werden. Bei Nutzung drohen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren.

Doch Brunner ließ nicht locker. Er weiß, dass viele Jäger Nachtzieltechnik lieber heute als morgen einsetzen würden. Denn sie erleichtern die Wildschweinjagd ungemein. Allein das Bundeskriminalamt (BKA), das ihnen die Erlaubnis dafür hätte erteilen müssen, machte nicht mit. Es lehnte die Ausnahmeregelung, die Brunner anstrebte, kategorisch ab. Als Grund führte die Behörde ausgerechnet die hohe Zahl von Anträgen auf Erlaubnis an, die angesichts der immensen Probleme mit den Wildschweinen in Bayern zu erwarten sei. Außerdem solle die Technik wie bisher Polizei und Militär vorbehalten bleiben.

Wie auch immer, Vocke begrüßte die Entscheidung sehr. Innerlich dürfte er sogar über das BKA gejubelt haben, auch wenn er dies nie zugeben wird. Die aktuelle Jagd in Bayern, die Zeitschrift des Jagdverbands also, widmet dem Beschluss des BKA sogar eine ganze Seite. In aller Ausführlichkeit erläutern sie ihn dort, offenkundig damit ihn ein jeder der 47 000 Jäger in Vockes Jagdverband wirklich verstanden hat. Zum Schluss verkündet Vocke dann, dass von sofort an "in der Jagd in Bayern keine Werbung für entsprechende Geräte mehr gemacht werden darf". Was davon zu halten ist, erfährt der Leser auf der hinteren Umschlagseite der Zeitschrift. Unter dem Slogan "Bayerns Wildschweine können einpacken" wirbt dort ein Hersteller von Nachtsichttechnik ganzseitig für seine Geräte.

© SZ vom 15.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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