Verkehrsinfastruktur:Kostenexplosion beim A 94-Bau

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Teilstück der Isentalautobahn wird um 330 Millionen Euro teurer als veranschlagt

Von Christian Sebald, München

Die Kostenexplosion beim Bau der Isentalautobahn ist offenbar deutlich massiver als vom Bundesverkehrsministerium gegenüber den Bundestagsgrünen angegeben. So wurden die Baukosten für den 33 Kilometer langen A 94-Abschnitt zwischen Pastetten und Heldenstein im Bundeshaushalt ursprünglich mit 440 Millionen Euro angesetzt, wie Heiner Müller-Ermann von der Aktionsgemeinschaft gegen die Isentalautobahn sagt. "In aktuellen Unterlagen des Bundes steht aber nun die stolze Summe von 770 Millionen Euro." Dies sei eine Steigerung 330 Millionen oder 75 Prozent. Das Bundesverkehrsministerium hatte auf eine Anfrage der Bundestagsgrünen für das A 94-Teilstück zwischen Forstinning und Marktl eine Steigerung von den ursprünglich geplanten 39 Millionen Euro auf 119 Millionen Euro eingeräumt. Dieser Abschnitt beinhaltet aber nicht nur die aktuelle Neubaustrecke, sondern auch noch einen 44 Kilometer langen, seit Langem befahrbaren Abschnitt im Osten davon bis nach Marktl.

Für Müller-Ermann, der seit Jahrzehnten einer der führenden Gegner der Isentalautobahn ist, ist der wichtigste Grund der Kostenexplosion, dass nicht mehr der Bund den Neubauabschnitt errichtet, sondern eine Konsortium aus privaten Bauträgern. Der Bund hat ihm diese Aufgabe im Jahr 2016 im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) übertragen. Nach Fertigstellung des Abschnitts erhält das Konsortium 30 Jahre lang Millionenzahlungen vom Bund, in die auch die Kosten für den Straßenbetrieb und den Unterhalt während der Vertragszeit eingeschlossen sind. Und zwar nicht nur für das 33 Kilometer lange Teilstück im Isental, das derzeit errichtet wird. Sondern auch für den 44 Kilometer langen A 94-Abschnitt weiter bis Marktl, auf den auch in der Antwort des Bundesverkehrsministeriums an die Bundestagsgrünen verwiesen wird.

Für Müller-Erman ist diese Kostenexplosion ein Skandal. Er nennt öffentliche-private Partnerschaften "Freibier für Autobahnbauer". Mit diesem Modell könnten sie "nach Lust und Laune, ihre Projekte in die Landschaft setzen" - finanzielle Grenzen und Haushaltsdisziplin spielten keine Rolle mehr. Die Gegner der Isentalautobahn haben tatsächlich immer die öffentlich-private Partnerschaft beim Bau der A 94 kritisiert. "Wir haben schon gewusst, wovon wir sprechen, wenn wir vor ÖPP gewarnt haben", sagt Müller-Ermann heute.

Die Isentalautobahn zählt zu den umstrittensten Straßenbauprojekten überhaupt in Bayern. Mehr als 30 Jahre bekämpften die Einheimischen in der östlich von München gelegenen Region den Bau der A 94 in ihrer Heimat. Dabei stand die Notwenigkeit der Autobahn selbst für sie nie in Frage. Sie forderten einzig, dass sie etwas weiter im Süden anstelle der B 12 errichtet wird. Eine Führung durch das Isental lehnten sie ab, weil aus ihrer Sicht damit die weitgehend unberührte Flusslandschaft dort zerstört wird.

Freistaat und Bund hielten aber hartnäckig an der Isentalautobahn fest und setzen ihren Bau durch. Inzwischen sind die Arbeiten weit fortgeschritten. Die Freigabe des Teilstücks für den Autoverkehr ist für das Jahr 2019 geplant. Das bayerische Innenministerium, das in Bayern für den Autobahnbau zuständig ist, reagierte am Mittwoch nicht auf eine Anfrage zu der Kostenexplosion.

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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