Verbraucherpolitik:Brunner, der Lebensmittelretter

Lesezeit: 2 min

Neues Bündnis will gegen Verschwendung vorgehen

Von Franz Kotteder, München

Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) will der Lebensmittelverschwendung den Kampf ansagen. Am Montag stellte er in seinem Ministerium, das ja auch für Ernährung und Forsten zuständig ist, das neue Bündnis "Wir retten Lebensmittel!" vor, an dem sich derzeit schon 38 Partner von Kommunen über Vereine und Verbände bis hin zu Privatunternehmen beteiligen. "Das neue Zivilschutzkonzept empfiehlt den Bürgern, sich einen Lebensmittelvorrat für 14 Tage anzulegen", so Brunner, "von dem, was in Bayern pro Jahr weggeworfen wird, könnte man 70 Tage lang leben."

Tatsächlich werfen die Bayern im Durchschnitt pro Kopf und Jahr 65 Kilo Lebensmittel weg, so Juliana Daum vom Verbraucher Service Bayern des katholischen Frauenbunds - weil sie verdorben sind, dafür gehalten werden oder nicht mehr verkauft werden können oder dürfen. Etwa 40 Kilo davon fallen allein in Privathaushalten an, der Rest an anderen Stellen der Wertschöpfungskette, etwa bei der Produktion oder im Handel. Und damit stehen die Bayern noch vergleichsweise gut da, denn im Bundesdurchschnitt kommen sogar 82 Kilo Lebensmittel auf den Müll. Die vergleichsweise guten bayerischen Zahlen seien gewiss kein Grund, findet Brunner, sich auszuruhen: "Wir müssen noch verantwortungsvoller mit unseren Ressourcen umgehen und für mehr Wertschätzung im Umgang mit Lebensmitteln sensibilisieren." Es sei beschämend, dass weltweit 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel auf dem Müll landeten und gleichzeitig jede Minute sechs Kinder an Unterernährung sterben müssten.

Das Logo zeigt einen Apfel im Rettungsring

Vorschriften oder Verbote möchte Brunner freilich nicht bemühen, er setzt in seinem Bündnis auf den Erkenntnisgewinn aller Beteiligten. 17 Maßnahmen wollen die Bündnispartner in einem ersten Schritt bis Ende 2018 umsetzen, die Kampagne läuft unter dem Motto: "Wir retten Lebensmittel!" und zeigt als Logo einen Apfel im Rettungsring. Zu diesen Maßnahmen zählt unter anderem ein "Lebensmittelretter-Führerschein" für Schulkinder - Matthias Zwingel vom Handelsverband Bayern wünschte sich bei der Vorstellung im Ministerium sogar eher "ein Schulfach Verbraucherbildung". Wettbewerbe sollen Startup-Unternehmen dazu animieren, Geschäftsideen für Nebenprodukte der Lebensmittelherstellung zu entwickeln, Einzelhändler sollen sich Gedanken machen, wie man Lebensmittelverschwendung im Handel besser vermeiden kann, und karitative Organisationen wie die Tafeln für Arme sollen prämiert werden. In den Märkten will man helfen, die Nachfrageprognosen zu verbessern, selbst Privathaushalte sollen Warenwirtschaftssysteme bekommen. Zusammen mit Verbraucherverbänden will das Ministerium verstärkt darüber aufklären, wie man Lebensmittel richtig lagert und was das Mindesthaltbarkeitsdatum wirklich bedeutet.

Zu den wichtigsten Bündnispartnern zählen neben der Verbraucherschutzzentrale, dem Bauernverband, der Industrie- und Handelskammer und dem Hotel- und Gaststättenverband auch die Tafeln und die Landeshauptstadt München sowie weitere Wirtschaftsorganisationen und Vereine. Weitere Initiativen könnten sich jederzeit anschließen, hieß es. Helmut Brunner sagte, es sei ihm wichtig gewesen, für das neue Bündnis "alle Akteure der Wertschöpfungskette, vom Feld bis zum Teller", an einen Tisch zu bekommen. Nur so könne es gelingen, einen Bewusstseinswandel einzuleiten, damit alle ihren Beitrag gegen die Verschwendung von Lebensmittel leisteten. Brunner: "Die Verantwortung nur beim Verbraucher zu suchen, ist zu kurz gegriffen."

© SZ vom 18.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: