Tierschutz:Der Hühnerfreund

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Gerade einmal 3000 Tiere hält Johann Zehetbauer in seinem Stall. In konventionellen Betrieben sind bis zu 6000 Stück pro Stall-Einheit üblich. (Foto: Marco Einfeldt)

Sandbäder, Wintergarten, Tageslicht: Johann Zehetbauer aus Niederbayern wird für seinen Stall mit dem Tierwohlpreis ausgezeichnet

Von Christian Sebald, München

Johann Zehetbauer ist der Herr der Junghennen. Wann immer der 37-jährige Landwirt aus dem niederbayerischen Dietelskirchen seinen Aufzuchtstall betritt, herrscht kein Halten mehr, alle 3000 Junghennen eilen herbei und drängen sich um ihn. "Die wollen immer ganz nah zu mir", sagt Zehetbauer, "sie kennen mich ja schon von ihrem ersten Lebenstag an." Zehetbauers Junghennen fühlen sich sichtlich wohl. Es ist aber auch ein ganz besonderer Aufzuchtstall, den er für sie errichtet hat - so besonders, dass Agrarminister Helmut Brunner (CSU) ihm dafür den Bayerischen Tierwohlpreis verliehen hat. Mit der Auszeichnung würdigt Brunner nicht nur Bauern, die sich besonders intensiv um das Wohl ihrer Nutztiere kümmern. Sondern auch Projekte, die andere Landwirte leicht nachmachen können.

So wie Johann Zehetbauer und seinen Junghennen-Aufzuchtstall eben. Seit dem Skandal um die Firma Bayern-Ei, die mit ihren Massenhaltungen mit Zigtausenden Tieren für einen europaweiten Salmonellen-Ausbruch mit mehreren Hundert Erkrankten und mindestens einem Toten verantwortlich sein soll, hat die Legehennenhaltung ein denkbar schlechtes Image - gerade in Niederbayern, wo Bayern-Ei seine Betriebe hat. Bei Johann Zehetbauer ist alles anders. Er ist Biobauer und hält auf seinem Hof gerade mal 3000 Bio-Legehennen und 3000 Bio-Junghennen. Letztere kauft er als eintägige Küken und zieht sie in den 17 bis 18 Wochen danach zu Legehennen heran. Und zwar in einem ganz besonderen Stall.

Es ist der vormalige Kuhstall, den Zehetbauer für seine Junghennen umgebaut hat. In ihm haben die Tiere nicht nur viel mehr Platz als in konventionellen Aufzuchten. Sie können sich darin auch jederzeit frei bewegen und, sobald sie die Kraft dazu haben, auch auf die Stangen in den Volieren hinaufflattern. Außerdem haben sie jederzeit freien Zugang zu Futter und Wasser. Der Stall wird von Tageslicht durchflutet. Es gibt Sandbäder und Einstreu zum Scharren, Plätze, an denen es besonders warm ist, und andere, an denen es etwas frischer ist, und den Wintergarten, in den sie hinaus können. Selbstverständlich dürfen die Hennen auch ihre Schnäbel behalten, so wie sie sind. In konventionellen Aufzuchten wird den Küken in der Regel der Schnabel kupiert - damit sie sich gegenseitig möglichst nicht die Federn ausrupfen und anderweitig verletzen können. Das Federpicken ist eine Stressreaktion, wenn die Tiere sich nicht wohlfühlen, und tritt in Massenhaltungen häufig auf. Erst Ende 2016 wird das Schnabelkürzen in Deutschland Vergangenheit sein - nach einer jahrelangen Kampagne von Tierschutzorganisationen wie der Albert-Schweitzer-Stiftung.

Auf dem Hof von Johann Zehetbauer ist das Schnabelkürzen seit jeher tabu. Seine Junghennen, aber auch die Legehennen fühlen sich so wohl, dass er keine Probleme mit dem Federpicken hat. Natürlich haben auch die Legehennen sehr viel Auslauf. Für die Jury und Agrarminister Brunner war es denn auch klar, dass der diesjährige Tierwohl-Preis an den Niederbayern geht. "Tierwohl ist etwas, was den Verbrauchern immer wichtiger wird", sagte Brunner. "Begreifen wir das als Chance. Tierwohl ist ein neuer Megatrend - es liegt an uns, ihn zu nutzen."

© SZ vom 07.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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