Tegernsee:Der Gestank frischer Semmeln am Tegernsee

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Der Geruch von frischem Backwerk stört Nachbar einer Bäckerei in Rottach-Egern gewaltig. (Foto: Claus Schunk)

Ein erst vor kurzem nach Rottach-Egern gezogenes Ehepaar fühlt sich von der Bäckerei nebenan beeinträchtigt - und droht mit dem Anwalt.

Kolumne von Matthias Köpf

Das Tegernseer Tal ist sicher keine Gegend, in der kleinere Brötchen gebacken würden als anderswo. Wobei die Brötchen dort selbstredend Semmeln sind und es längst viel weniger handwerkliche Bäckereien gibt als, nur zum Beispiel, Juweliere oder Immobilienmakler. Speziell die Makler backen am Tegernsee überhaupt keine Semmeln, aber sehr große Brötchen, wegen der Zuzügler.

In Rottach-Egern etwa soll vor nicht allzu langer Zeit wieder ein Ehepaar zugezogen sein, und zwar eins mit Anwalt, die dort übringens auch nicht selten sind. Dieses Ehepaar respektive der Rechtsbeistand hat nun eine der wenigen Bäckereien wissen lassen, dass das so nicht weitergehen kann, wie es bisher drei Generationen lang gegangen ist: Man sei empfindlich gestört und massiv beeinträchtigt durch die Geruchsemissionen, die da immer in den frühen Morgenstunden aus der Backstube dringen.

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Gerichtsmäßig ist es auch schon wegen Zigarettenrauch, Grüngut, knoblauchbetonter Küche, Grillen, Pferdezucht, aprilfrischer Wäschetrocknerabluft und Weißgottnochwas geworden. Akustisch wären etwa Glocken zu nennen, an Kirchtürmen oder Kuhhälsen. Ob aber der Geruch von frischen Semmeln, Brezen und Brot ein Gestank ist oder nicht doch ein Duft, das liegt, wenn schon nicht im Auge des Betrachters, so doch in seiner Nase oder in seinem zerebralen Riechlappen, wo die Daten aus der Nase angeblich recht ungefiltert ankommen.

Einen chemischen Sinn wie das Riechen haben schließlich schon die ersten Einzeller gehabt, die sich in aller evolutionären Frühe aber noch gar keine Buttersemmel schmieren konnten. Später hat sich dann der homo sapiens gegen diesen Neandertaler womöglich auch wegen seines besseren Geruchssinns durchgesetzt, vermuten Forscher. Dabei sei das Riechen beim Menschen längst wieder auf dem Rückzug, weil er inzwischen wohl lieber schaut als schnuppert.

Gerüche sind jedenfalls eng mit Gefühlen verbunden, und bei vielen in Rottach regt sich da gerade einiges, was sie an Mistgabeln und Dreschflegel denken lässt und daran, dass die besser schauen sollten, dass sie wieder verduften. Die Bäckerin selber regt sich schon auch auf. Tun wird sie trotz anwaltlicher Fristsetzung bis Dienstag aber das Richtige: Nix.

© SZ vom 01.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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