Studie:Mehr als die Hälfte der Bayern hat etwas gegen Muslime

Lesezeit: 3 min

  • Nach einer Studie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München werden Muslime und Langzeitarbeitslose von vielen Menschen in Bayern abgewertet.
  • Feindliche Einstellungen gegenüber Schwarzen und Ausländern allgemein erfahren kaum noch Zustimmung. Auch gegenüber Homosexuellen und Juden ist die Toleranz höher.
  • Die Studie zeigt auch, dass fremdenfeindliche Einstellungen durch bestimmte Personenmerkmale beeinflusst werden.

Von Karsten Fehr

Feindliche Einstellungen gegenüber Minderheiten sind in Bayern ein verbreitetes Phänomen. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Montag veröffentlichte Studie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Vor allem Muslime und Langzeitarbeitslose werden demnach von vielen Menschen im Freistaat abgewertet. Aber auch Sinti und Roma sowie Flüchtlinge sind besonders betroffen. Eine generelle Ausländerfeindlichkeit findet dagegen kaum noch Zustimmung.

"Menschenfeindlichkeit gegenüber bestimmten Gruppen kann man in Bayern in vielen Bereichen der Gesellschaft finden", sagt Christian Ganser. Der Mitarbeiter am Institut für Soziologie der LMU München hat zwischen April und Juni dieses Jahres die Einstellungen von insgesamt 1731 Personen in Bayern untersucht. Das Ergebnis: "Ressentiments und Vorurteile gegenüber Minderheiten sind in Bayern kein Randphänomen einer speziellen Gruppe, sondern in der Mitte der Gesellschaft angesiedelt." Gleichwohl gebe es wenige Leute mit extrem feindseligen Einstellungen. Im Vergleich zu Deutschland schneide der Freistaat insgesamt weder besser noch schlechter ab, sagt Ganser.

Der Inhalt konnte nicht geladen werden.

Muslime sind der Studie zufolge die häufigsten Ziele feindlicher Einstellungen. Nur elf Prozent der befragten Menschen in Bayern lehnten muslimenfeindliche Aussagen gänzlich ab. Ein gutes Fünftel dagegen stimmte Sätzen wie "Es gibt zu viele Muslime in Deutschland" voll und ganz zu.

Auch Langzeitarbeitslose werden in besonderem Maße abgewertet. Nur 17 Prozent der Befragten konnten Aussagen wie "Die Langzeitarbeitslosen machen sich auf Kosten der Gesellschaft ein bequemes Leben" gar nichts abgewinnen. Niedrig ist die Toleranz ebenso gegenüber Sinti und Roma sowie Flüchtlingen. Lediglich ein gutes Viertel stimmte Sätzen wie "Sinti und Roma sollten aus den Innenstädten verbannt werden" oder "Flüchtlinge, die hier leben, bedrohen meine persönliche Lebensweise" gar nicht zu.

Erfreulich ist dagegen die Entwicklung, dass feindliche Einstellungen gegenüber Schwarzen und Ausländern allgemein in Bayern kaum noch Zustimmung erfahren. Nur zehn Prozent der Befragten waren Aussagen wie "Es gibt eine natürlich Hierarchie zwischen Schwarzen und Weißen" oder "In meiner Wohnumgebung wohnen zu viele Ausländer" mittelstark oder stark zugeneigt. Auch gegenüber Homosexuellen und Juden ist die Toleranz höher: Mehr als die Hälfte der Befragten lehnten Sätze wie "Homosexualität ist unmoralisch" strikt ab, sogar fast drei Viertel der Befragten konnten Aussagen wie "Auch heute noch ist der Einfluss der Juden zu groß" nichts abgewinnen.

Um das Entstehen fremdenfeindlicher Einstellungen zu erklären, bedient sich die Studie unter anderen der Theorie der sozialen Identität. Demnach gehe ein ausgeprägtes Gefühl, Deutscher zu sein, mit einer ausgeprägten Abwertung von Minderheiten einher: "Menschen, die sich stark mit Deutschland identifizieren, haben feindseligere Einstellungen als Menschen, die dies nicht tun." Hingegen würden Personen, die sich als Weltbürger sehen, Gruppen weniger stark abwerten.

Integration
:1800 Menschen demonstrieren gegen Integrationsgesetz der CSU

Bei dem Protest in der Münchner Innenstadt kommt es zu ruppigen Zusammenstößen. Mehrere Beamte und Demonstranten werden verletzt.

Von Dominik Hutter

Einfluss auf die Toleranzgrenze hat zudem auch die politische Kultur. So werde gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit durch ein geringes Vertrauen in politische Institutionen erhöht: "Wer mit der Arbeit von Bundestag und Bundesregierung unzufrieden ist, neigt eher zu feindseligen Einstellungen." Auch der persönliche Kontakt zu Minderheiten ist ein Faktor. Je geringer dieser sei, desto stärker sei die Tendenz zur Abwertung.

Darüber hinaus zeigt die Studie, dass fremdenfeindliche Einstellungen auch durch bestimmte Personenmerkmale beeinflusst werden. Einer der wichtigsten Faktoren ist demnach die Bildung: "Mit steigendem Bildungsniveau nehmen negative Einstellungen gegenüber Minderheiten ab." So haben beispielsweise 39 Prozent der bayerischen Akademiker gar nichts gegen Flüchtlinge einzuwenden. Bei den Nicht-Akademikern beträgt dieser Anteil gerade einmal 18 Prozent.

Auch das Geschlecht spielt bei der Frage, wie tolerant eine Person ist, eine wichtige Rolle: "Frauen neigen in einem geringeren Ausmaß zu abwertenden Einstellungen als Männer", heißt es in der Studie. So seien Frauen beispielsweise deutlich weniger rassistisch und würden Homosexuelle, Juden und Flüchtlinge signifikant geringer abwerten als Männer.

Einfluss auf Vorurteile und Ressentiments hat zudem auch das Alter. Glaubt man den Befunden der Studie, dann sind in Bayern jüngere Menschen tendenziell toleranter als ältere. Besonders deutlich zeigt sich das beim Rassismus: Diesem ist ein Fünftel der über 65-Jährigen mittelstark oder stark zugeneigt, während dieser Anteil bei den jüngeren Altersgruppen nur zwischen zwei und acht Prozent beträgt.

Differenziert man menschenfeindliche Einstellungen nach dem Glaubensbekenntnis, zeigt sich, dass in Bayern Menschen mit römisch-katholischer Konfession tendenziell stärker dazu neigen, bestimmte Gruppen abzuwerten.

Das finanzielle Einkommen hingegen hat der Studie zufolge "eher geringen" Einfluss auf ablehnende Haltungen.

© SZ vom 25.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Heimat
:Leitkultur - was bedeutet das eigentlich?

Im Landtag geht es von kommender Woche an um die Frage, was die von der CSU postulierte Leitkultur eigentlich ist. Das sagen Bayern dazu.

Von Matthias Köpf, Dietrich Mittler, Olaf Przybilla, Lisa Schnell und Christian Sebald

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: