Steigerwald:Naturschützer hoffen vergeblich auf Kompromiss

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Bedrohte Waldheimat: Baumschwamm auf einem Stamm in einem Naturreservat im Steigerwald. (Foto: Johannes Simon)

Im Verwaltungsgerichts-Prozess über den Schutz der Buchenwälder machen Landesanwaltschaft und Staatsforsten keinerlei Zugeständnisse

Von Christian Sebald, München

Im Streit um den Naturschutz im Steigerwald üben die Umweltverbände scharfe Kritik an der Staatsregierung. "Für gewöhnlich werfen die Politiker uns vor, dass wir Hardliner sind, die keinerlei Zugeständnisse machen", sagt der Vorsitzende des Vogelschutzbundes LBV, Norbert Schäffer. "Dabei sind sie es, die sich im Steigerwald jedem Kompromiss verweigern." Auch Hubert Weiger, der Chef des Bundes Naturschutz (BN), attackierte die Staatsregierung scharf. "Wir waren bereit zum Vergleich", sagte er. "Aber die Staatsregierung lehnt den Schutz der alten Buchenwälder kategorisch ab." Am Dienstag standen sich die Fronten in München vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) gegenüber. Die Vorsitzende Richterin des 14. Senats, Theresia Koch, hatte bis zuletzt für einen Vergleich geworben - ohne Resonanz bei den Vertretern des Freistaats.

Auch im Prozess gaben sich die Landesanwaltschaft und die Staatsforsten hart. Der Streit geht um das 775 Hektar große Schutzgebiet "Der Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst" - das bislang größte Waldschutzgebiet in Bayern außerhalb der beiden Nationalparke im Bayerischen Wald in den Berchtesgadener Alpen. Der frühere Bamberger CSU-Landrat Günther Denzler hatte es im April 2014 ausgewiesen - als Kern eines künftigen Nationalparks oder Weltnaturerbes in dem fränkischen Mittelgebirge. Denn die uralten Buchenwälder im Steigerwald gelten als einzigartig. Seit bald zehn Jahren schon kämpfen deshalb Naturschützer, Fachleute und immer mehr Einheimische für einen Nationalpark dort. Der Konflikt ist längst ein Grundsatzstreit über den Naturschutz in Bayern.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), die Forstverwaltung und die Bayerischen Staatsforsten haben sich früh auf die Seite der Nationalpark-Gegner geschlagen. In den Steigerwald-Gemeinden befürchten sie lauter Nachteile, wenn die Buchenwälder besser geschützt werden. Viele argwöhnen sogar, dass sie dann nicht einmal mehr in ihnen spazieren gehen oder Pilze sammeln dürfen. Deshalb wollen viele nicht einmal die kleinste Verbesserung des Naturschutzes akzeptieren. So wütend sind die Proteste, dass Seehofer den Einheimischen rasch versprach, Denzlers Schutzgebiet zu annullieren.

Landesanwaltschaft und Staatsforsten erklärten denn auch vor dem VGH, dass der CSU-Politiker mit dem Akt seine Kompetenzen überschritten und rechtswidrig gehandelt habe. Denzler hatte das Schutzgebiet nach dem Bundesnaturschutzgesetz als sogenannten geschützten Landschaftsbestandteil (GLB) ausgewiesen - das ist die einzige Art Schutzgebiet, die Kommunen bis dahin in Eigenregie erlassen konnten. Allerdings, so argumentierten die Vertreter des Freistaats, sei Denzlers Schutzgebiet viel zu groß für so einen GLB. Für gewöhnlich handle es sich dabei um kleinere ökologische Besonderheiten, in der Vergangenheit wurden Hecken als Beispiel dafür genannt. Außerdem müsse sich ein GLB optisch markant abheben, wie das ein Fels auf einer Anhöhe tut. All dies sei bei Denzlers Schutzgebiet nicht der Fall, allein deshalb habe die Regierung von Oberfranken rechtens gehandelt, als sie es vor einem Jahr widerrief.

Die Naturschützer nennen die Aufhebung einen Willkürakt - schließlich war sie erst nach einer Änderung des bayerischen Naturschutzgesetzes möglich. Außerdem habe die Staatsregierung massiven Druck ausgeübt - zunächst auf das Landratsamt Bamberg und, als er dort nichts fruchtete, danach auf die Regierung von Oberfranken. Entscheidend ist für BN und LBV aber die fachliche Sicht. Die Wälder in dem Gebiet seien ökologisch so wertvoll, dass sie dringend unter Schutz gestellt gehörten. Der Spruch des VGH ergeht demnächst.

© SZ vom 27.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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