Sozialpolitik:Zähes Ringen um Tarifvertrag für junge Pflegekräfte

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Pflege ist harte Arbeit. Längst nicht alle Heime zahlen Tariflöhne. Für die Auszubildenden könnte das aber Realität werden. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

"Ein solches Verhalten befremdet mich zutiefst": Die Gewerkschaft Verdi verärgert Verhandlungspartner, weil sie erst nach Monaten einen Entwurf vorlegt

Von Dietrich Mittler, München

Die Gewerkschaft Verdi hat nach stetigen Verzögerungen nun doch endlich ihren verbindlichen Entwurf für einen bayernweit geltenden Ausbildungstarifvertrag für junge Pflegekräfte vorgelegt. Ursprünglich hatte Verdi signalisiert, dass ein solcher Vertrag bereits im Sommer 2017 stehen könnte. Nachts um 0.13 Uhr traf am vergangenen Freitag das lang erwartete Dokument per Mail bei den Unterhändlern der Arbeiterwohlfahrt (Awo) ein. Hermann Imhof, der Pflegebeauftragte der Staatsregierung, kocht vor Wut. "So viel verlorene Zeit", klagte er am Montag. An diesem Tag, wollte er "die unendliche Verzögerung" durch Verdi öffentlich anprangern.

Verdi indes will Imhofs Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen. "Es ist nun mal nicht so einfach", sagte Robert Hinke, der Landesfachbereichsleiter für Gesundheit und Soziales bei Verdi Bayern. Schließlich sei es ja alles andere als sicher, ob der angestrebte Ausbildungstarifvertrag tatsächlich bayernweit in Kraft trete. "Wollen wir doch mal sehen, ob die Kirchen da mitmachen", sagte Hinke. Und im Grunde müsse dem Vertrag ja auch noch die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft zustimmen.

Im November 2014 bereits hatte der CSU-Politiker Imhof die verantwortlichen Akteure der Pflegebranche in Nürnberg um sich versammelt - einschließlich Verdi. Die Gewerkschaft war Feuer und Flamme für seinen Vorschlag: die Einführung eines flächendeckenden Tarifvertrags für Bayerns Pflegekräfte. Im Wettbewerb um zu pflegende Menschen müsse die Pflegequalität ausschlaggebend sein, und nicht die Dumpingpreise von Anbietern, die keinen Tariflohn zahlen. Weil aber von vornherein klar war, dass das derzeit nicht umsetzbar ist, schlug Imhof vor, zumindest einen bayernweiten Ausbildungstarifvertrag für junge Pflegekräfte zu etablieren. Dabei wolle er gern als Moderator wirken.

Im November 2016 gab sich Verdi in Nürnberg auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Imhof und Vertretern der Wohlfahrtsverbände zuversichtlich, dass der bayernweite Ausbildungstarifvertrag bis zum Sommer 2017 stehe. Die Zeit verging: Bei Verdi wurde es in der Angelegenheit immer ruhiger. Im Juli 2017 wurde die Wohlfahrtspflege erneut aktiv. Sie schickte Verdi einen abgestimmten Tarifvertrags-Entwurf zu. Sogar die Diakonie und die Caritas, die an ihren nach kirchlichem Arbeitsrecht verhandelten Verträgen festhalten, signalisierten Unterstützung.

Insbesondere der Awo lag daran, Nägel mit Köpfen machen. Sie schickte Verdi einen Monat später einen unterschriebenen Ausbildungstarifvertrag zu. Von Verdi hieß es nun, das Ganze müsse erst vom Bundesfachbereich geprüft werden. Das aber zog sich hin. Ende Januar 2018 kamen dann von Verdi Hinweise auf die rechtliche Problematik, die durch einen neuen Tarifabschluss entstehen würde. Da spätestens platzte dem Pflegebeauftragten Hermann Imhof, der von den Wohlfahrtsverbänden stets auf dem Laufenden gehalten worden war, der Kragen. "Ein solches Verhalten befremdet mich zutiefst", sagte er, und die Awo ihrerseits setzte Verdi am 5. Februar eine Frist. Erfolgreich, wie sich nun zeigte. Der bayerische Awo-Vorsitzende Thomas Beyer ist dennoch sauer. "Der von Verdi vorgebrachte Grund für die vielmonatige Verzögerung überzeugt in keiner Weise", sagte er. Da gehe es doch um tariftechnische Fragen "aus dem Brot- und Buttergeschäft einer Gewerkschaft".

"Es ist ein Witz, dass das so lange gedauert hat", sagt auch BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk, aber für das Rote Kreuz gelte bezüglich Ausbildungstarifvertrag auch jetzt: "Wir sind mit im Boot!" Verdi-Mann Robert Hinke hält dagegen, das Ganze sei nicht so einfach, wie sich das die Arbeitgeber vorstellten. Die Gewerkschaft Verdi habe inzwischen in einigen Fällen Verbesserungen für Pflege-Auszubildende heraushandeln können. "Ein flächendeckender Ausbildungstarifvertrag, wenn er denn kommt, muss daher unbedingt diese Besitzstände sichern", forderte Robert Hinke.

© SZ vom 13.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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