Sieben-Punkte-Plan:Söder schiebt ab

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Sieben Ankerzentren sollen entstehen, darunter auch die Einrichtung in Manching. Von dort sollen abgelehnte Asylbewerber direkt abgeschoben werden. (Foto: puchner/dpa)

Bayern will sich in der Asylpolitik von Berlin abkoppeln und mehr Härte zeigen. Mit eigenen Flügen sollen ausreisepflichtige Asylbewerber außer Landes gebracht werden, außerdem sollen sieben Ankerzentren entstehen

Von Wolfgang Wittl, München

Berlin und München liegen manchmal weniger weit voneinander entfernt, als der CSU lieb ist. Doch so bedrohlich nahe wie dieser Tage kam das politische Berlin dem Freistaat schon lange nicht mehr. Ganz gleich, welcher CSU-Politiker über die Vorgänge im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuletzt gesprochen hat, drei Worte fehlten nie: "Wasser", "Mühlen", "AfD". Damit war einiges gesagt über den Pegelstand der christsozialen Sorge, der Skandal im Bamf könne auf den bayerischen Landtagswahlkampf überschwappen. Akute Angst vor einem Dammbruch grassiert in der CSU aber erst seit den Hinweisen, das Kanzleramt habe wohl bereits länger von Missständen im Bamf gewusst. "Das ist nicht mehr nur Wasser, das sind ganze Wasserfälle auf die Mühlen der AfD", stöhnte ein CSU-Mann am Montag. Auch deshalb hat Ministerpräsident Markus Söder einen "Bayerischen Asylplan" ersonnen, der an diesem Dienstag im Kabinett beschlossen werden soll.

Söders Ziel: Vom Berliner Trend abkoppeln und asylpolitisch Härte zeigen, so weit es die landespolitischen Möglichkeiten zulassen. Bayern solle zum bundesweiten Vorbild einer funktionierenden Asylpolitik werden, sagte Söder der SZ. "Wir müssen ein Gegenmodell einer glaubwürdigen Asylpolitik setzen." Indes: Schon jetzt war der Freistaat zuständig, Abschiebung ist Ländersache. Der Bund stellt nur Technik und Personal. Künftig will Bayern selbst abschieben, mit eigenen Flügen. Man werde alles tun, um die Geschwindigkeit bei Abschiebungen zu erhöhen, kündigt Söder an. Bislang werden Flüge vom Bund organisiert und von Bundespolizisten begleitet. Das soll sich ändern. Auch bayerische Polizisten sollen Abschiebeflüge künftig eigenständig begleiten dürfen. Voraussetzung: Sie müssen vorher geschult werden. Die ersten Flüge unter bayerischer Aufsicht sollen vom 1. August an starten, wenn auch das neue Landesamt für Asyl seinen Dienst aufnehmen wird. "Wir wollen zeigen, dass der Rechtsstaat noch funktioniert", sagt Söder. Deshalb sollen auch bestehende Erstaufnahmeeinrichtungen zu den Ankerzentren umgewandelt werden, wie sie Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer in ganz Deutschland plant. "Wir gehen da in Vorleistung", sagt Söder. Es sei "auch im Sinn der Betroffenen, wenn schnell entschieden wird". Während die meisten Bundesländer solche Zentren bislang ablehnten, soll in Bayern jeder der sieben Regierungsbezirke eines bekommen: Bamberg (Oberfranken), Schweinfurt (Unterfranken), Zirndorf (Mittelfranken), Deggendorf (Niederbayern), Regensburg (Oberpfalz)

, Donauwörth (Schwaben) und Manching (Oberbayern). In den geplanten Ankerzentren sollen Asylbewerber künftig das gesamte Asylverfahren durchlaufen - von der Sicherheitsüberprüfung bis zur Arbeitsberatung. Wer abgelehnt wird, soll direkt aus diesen Zentren heraus abgeschoben werden. In Bayern sollen höchstens 1500 Menschen pro Ankerzentrum untergebracht werden. Das heiße aber nicht, dass bestehende Kapazitäten auf diese Zahl erhöht würden. "Wir kriegen so eine bessere Ordnung rein", sagt Söder über Ankerzentren. Mit "Steuerung, Begrenzung und Ordnung" ist auch der Sieben-Punkte-Plan überschrieben, den er im Kabinett verabschieden will.

In bayerischen Ankerzentren soll es kein Taschengeld, sondern nur noch Sachmittel geben. Abgeschoben werden soll überall dorthin, "wo es möglich ist". Mit Geld sollen hingegen freiwillige Ausreisen gefördert werden und außerdem die Bereitschaft von Herkunftsstaaten, abgelehnte Asylbewerber wieder aufzunehmen. Die Höhe einer solchen Ausreiseprämie muss noch festgelegt werden. Klar sei: "Es gibt nur Geld, wenn jemand zurückkehrt", sagt Söder. Beschleunigt werden soll die Abschiebung randalierender Asylbewerber. Das generelle Arbeitsverbot soll bestehen bleiben, es sollen aber 5000 Stellen geschaffen werden, in denen Asylbewerber einer gemeinnützigen Arbeiten nachgehen können. "Wer bei uns lebt, muss etwas leisten", heißt es in dem Sieben-Punkte-Plan. "Mangelnde Mitwirkung" solle "stärker sanktioniert" werden. Generell gilt für die Staatsregierung: "Ausreisepflichtige müssen unser Land verlassen."

Die Opposition reagiert uneins auf Söders Asylpläne. Die SPD wirft ihm vor, die Asyldebatte ohne Not zu verschärfen. "Söder will spalten, statt den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu fördern", kritisiert Angelika Weikert, asylpolitische Sprecherin. Die Gründe, warum abgelehnte Asylbewerber nicht abgeschoben würden, seien vielfältig - an mangelnden Flügen liege es nicht. "Söder will mit seinen Vorschlägen den rechten Rand einbinden, was nicht gelingen wird", sagt Weikert. "Den gesellschaftlichen Frieden stört er allemal." Katharina Schulze, die Vorsitzende der Landtags-Grünen, bezeichnet Söders Asylplan als "unmenschlich". Sie fordert die Staatsregierung auf, "Schutzsuchenden einen Zugang zur Arbeit und Bildung" zu ermöglichen - das helfe auch den Unternehmen, "die händeringend nach Arbeitskräften suchen". Auch die FDP fordert, Arbeitsverbote für Flüchtlinge aufzuheben.

Lob kommt von den Freien Wählern. Ihr Chef Hubert Aiwanger nennt die Maßnahmen "überfällig". Für die Ankerzentren bereits bestehende Einrichtungen zu nutzen, das Chartern von Kleinflugzeugen, der kürzere Transport zu Flughäfen - all das sei "sinnvoll". Seine Fraktion habe bereits vor zwei Jahren gefordert, mit einer Chipkarte auf Sachleistungen umzustellen. Laut Innenministerium gibt es in Bayern gut 25 000 ausreisepflichtige Asylbewerber, etwa 15 000 von ihnen sind geduldet. In den ersten fünf Monaten wurden 1360 Menschen abgeschoben. Bald will Bayern die Sache noch mehr in die eigene Hand nehmen. "Der Geist der Rückführungspolitik wird ein anderer sein", sagt Söder.

© SZ vom 05.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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