Regierungserklärung:Stabsstelle für Digitalisierung

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Seehofer will keinen extra Minister, der Staatskanzleichef ist zuständig

Von Wolfgang Wittl, München

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will Bayern bei der Digitalisierung an die Weltspitze führen, ein eigenes Ministerium dafür soll es nun aber doch nicht geben. Als Begründung nannte Seehofer die "ungewöhnlich vielen Schnittstellen", die alle Ministerien beträfen. Daher soll in der Staatskanzlei eine Stabsstelle geschaffen werden. Die politische Verantwortung dafür werde Staatskanzleichef Marcel Huber tragen, "in enger Abstimmung" mit ihm will Seehofer die Entwicklung in den nächsten Jahre begleiten. Vor Wochen hatte der CSU-Chef sogar noch ein Digitalministerium für den Bund vorgeschlagen. Nach einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel sollen die Aufgaben nun aber im Kanzleramt gebündelt werden. Seine Regierung werde diesem Beispiel folgen, sagte Seehofer am Donnerstag. "Es wird in Bayern keinen Digitalminister geben."

In seiner Regierungserklärung im Landtag betonte Seehofer die Bedeutung der Digitalisierung. Sie sei der "Schlüssel zur Zukunft" - für Wirtschaft und Arbeitswelt, Medizin und Pflege, Lebensqualität und Sicherheit. "Nicht blinder Fortschrittsglaube, sondern ein Fortschritt mit menschlichem Maß ist und bleibt unser Leitbild." Drei Milliarden Euro will die Staatsregierung in den nächsten fünf Jahren investieren, sie will die digitale Ausbildung an Schulen verbessern, Lehrer verstärkt fortbilden und Informatik zum Pflichtfach machen. Eine Milliarde Euro fließt in Glasfaser-Ausbau, Wlan-Hotspots und 5-G-Netze. Etwa 2000 neue Stellen sollen entstehen, zudem will Seehofer den bereits ausgeschöpften Digitalbonus für Unternehmen noch in diesem Jahr aufstocken.

Für die SPD antwortete diesmal nicht der etatmäßige Oppositionsführer, Fraktionschef Markus Rinderspacher, sondern die neue Landesvorsitzende Natascha Kohnen. Abgeordnete anderer Parteien sahen darin bereits einen Hinweis auf die SPD-Spitzenkandidatur für den Landtagswahlkampf 2018. Kohnen sagte, Rinderspacher habe ihr als Wirtschaftsexpertin den Vortritt gelassen, man werde künftig von Fall zu Fall entscheiden, wer spricht. Von einem Frontalangriff sah Kohnen ab. Sie forderte die Staatsregierung auf, bei der Digitalisierung die ganze Gesellschaft mitzunehmen und Ängste abzubauen, gerade in der älteren Generation. Ehe die Regierung Leuchtturmprojekte ausrufe, müsse sie erst bestehende Herausforderungen meistern. Ein Haus brauche nicht nur Gas, Wasser und Abfluss, sondern auch Internet. Die Arbeitswelt werde in zehn Jahren eine andere sein als heute, sagte Kohnen unter zustimmendem Nicken von Seehofer.

Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler, zeigte sich "ernüchtert", er habe sich ein ambitionierteres Programm der Staatsregierung gewünscht. Bayern liege im internationalen Vergleich zurück, es reiche nicht, Häuser erst bis 2025 mit Glasfaser auszustatten. "Ihre ersten Schritte bei der Digitalisierung sind misslungen, legen Sie einen Zahn zu", sagte er zu Seehofer.

Wie Aiwanger forderte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze ein eigenes Digitalministerium, um das "Kompetenzwirrwarr" der Staatsregierung zu beenden. Mit Blick auf die gravierenden Umwälzungen nannte sie die CSU-Vision eines digitalen Bayerns "merkwürdig oberflächlich und kleinkariert". Ein spontanes Lächeln von Seehofer erntete Schulze, als sie ihn und seine Regierung als "digitale Flachwurzler" bezeichnete.

© SZ vom 07.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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