Politik:Treffen für die große Linie

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SPD, Grüne und Freie Wähler zurren in Klausur ihre Schwerpunkte fest

Von Lisa Schnell, München

Auf der letzten SPD-Herbstklausur vor einem Jahr riet die damalige Generalsekretärin Katarina Barley den Genossen, sich nicht zu klein zu machen im Kampf um das Kanzleramt. Groß scheinen die Chancen der SPD jetzt zwei Wochen vor der Bundestagswahl nicht zu sein. Umso größer ist ihr Engagement und entsprechend klein fällt deshalb die diesjährige Herbstklausur aus. Anstatt tagelang in Klausur zu gehen und sich prominente Gäste einzuladen wie sonst, stürzt sich die Landtagsfraktion in den Wahlkampf.

Nur einen Tag trifft sich der Fraktionsvorstand am Donnerstag im Landtag, um über den politischen Auftakt nach der Sommerpause zu beraten. Die Fraktion bleibe bei den klassischen Schwerpunkten bezahlbares Wohnen, Digitalisierung und Bildung, sagt Fraktionschef Markus Rinderspacher. Ihrer Forderung nach einem Weiterbildungsgesetz wollen die Genossen mehr Nachdruck verleihen. Damit hätten auch Arbeitnehmer in Bayern das Recht, fünf Tage im Jahr bei vollem Lohnausgleich für eine Weiterbildung freigestellt zu werden, sagt Rinderspacher. Der Freistaat sei neben Sachsen das einzige Land, in dem dies gesetzlich nicht geregelt ist. Die CSU will die SPD vor allem bei den Themen Menschlichkeit und Moderne packen. Unmodern findet Rinderspacher die Haltung der Staatsregierung zur Elektromobilität. Bei der Ladestruktur für die Fahrzeuge gehöre Bayern bundesweit zu den Schlusslichtern. Nicht gerade menschlich nennt er die Wohnungspolitik der CSU, die im Ergebnis zu einer Halbierung der Wohnbaumittel geführt habe.

Die Grünen fahren für ihre Klausur nach Landshut, wo sie sich von Mittwoch bis Freitag dem Thema giftfreie Landwirtschaft widmen. In Bayern sei mehr als die Hälfte aller Tiere und Pflanzen vom Aussterben bedroht, sagt Fraktionschef Ludwig Hartmann. Ursache sei eine industrialisierte Landwirtschaft, bei der bis auf die gewünschte Frucht alles andere totgespritzt werde. Die Grünen fordern deshalb, den Einsatz von Pestiziden bis 2030 zu halbieren. Dies könne etwa durch ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Naturschutzgebieten erreicht werden oder durch giftfreie Randstreifen an den Feldern. Dies sei im Sinne der Bauern, die jetzt den auch für Menschen gefährlichen Pflanzenschutzmitteln ausgesetzt seien. Studien zeigten außerdem, dass der Verzicht auf Pestizide nicht unbedingt eine schlechtere Ernte bedeute. Laut der Landesanstalt für Landwirtschaft hätte eine Reduzierung des chemischen Pflanzenschutzes um 25 Prozent keine gravierenden Ertragsverluste zur Folge.

Ganz in den Norden nach Coburg reisen dieses Jahr die Freien Wähler (FW) für ihre Klausur. FW-Chef Hubert Aiwanger hat schon jetzt kurz vor Nürnberg einen schlechten Handy-Empfang, passend zum Klausurthema Digitalisierung. Welche Chancen bringt sie für den ländlichen Raum? Dieser Frage wollen die FW von Mittwoch bis Freitag nachgehen. Aiwanger fordert deshalb - zum hundertsten Mal, wie er selbst sagt - Glasfaser für jeden Haushalt. Auch soziale Themen wie den Pflegenotstand oder die Situation von Hebammen will er besprechen. Wie eine regionale Energiewende aussehen könnte, soll bei einem Treffen mit Stromtrassengegnern besprochen werden. Digitalisierung und Energiepolitik müssten zudem in einem eigenen Ministerium gebündelt sein, fordert Aiwanger. Damit dies Realität wird, strebt er für 2018 eine Koalition mit der CSU an, allerdings nicht um jeden Preis. Eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen etwa würde es mit den FW nicht geben. Auch die CSU kreist derzeit um die Frage, mit wem koalieren und um welchen Preis, allerdings nicht in Bayern, sondern in Berlin. Sie hat ihre Herbstklausur wegen des Bundestagswahlkampfes gleich ganz ausfallen lassen.

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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