Politik:Bühnenwechsel

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AfD-Mann Driesang tritt ab

Von Johann Osel, München

Dirk Driesang hat es in der Bayern-AfD nicht immer leicht gehabt. Als er auf einem Parteitag eine Grenzziehung am rechten Rand forderte und sagte, Patriotismus dürfe nicht dafür herhalten, "noch den letzten Unsinn zu rechtfertigen" - da gab es Pfiffe von der Basis. Dass Driesang, Mitglied im Kreisverband Fürstenfeldbruck und einziger Bayer im AfD-Bundesvorstand, eine "Alternative Mitte" gründete, um einen "moderaten" Kurs zu forcieren, wird in der AfD oft belächelt. Eher gescherzt wird über seinen Beruf: Opernchorsänger. "Sängerknabe" kursiert als ein Spitzname. Die Stimme von Driesang, 53, wird künftig nur noch auf echter Bühne zu vernehmen sein, nicht mehr auf politischer. Wie er auf Facebook mitteilte, zieht er sich aus der aktiven Politik zurück. Im Netz tritt er übrigens vielseitig in Erscheinung - mit in Teilen differenzierten Texten etwa zur Zuwanderung; aber auch mit der hanebüchenen Provokation, wie sie AfD-Politiker pflegen. Beispiel: "Konsensparteien verschleudern die Freiheit der Frau wie Bonbons im Karneval."

Als Grund für seinen Rückzug nannte Driesang den Wechsel von AfD-Chef Jörg Meuthen ins Europaparlament. Weil Beatrix von Storch ihr Mandat aufgab und in den Bundestag wechselt, ist der Sitz frei. Überraschend hat sich Nachrücker Meuthen für Europa entschieden; er gibt den Fraktionsvorsitz im baden-württembergischen Landtag ab. Driesang, 2014 bei der Europawahl bayerischer Spitzenkandidat, ist nach Meuthen nächster Nachrücker. Nun geht er leer aus. Auch zur Bundesvorstandswahl im Dezember werde er nicht kandidieren, so Driesang. Beobachter hätten ohnehin kaum Chancen gesehen, dass er es erneut in die Führung der Partei schafft. Er hatte dort das Parteiausschlussverfahren von Björn Höcke vorangetrieben.

Wegen beruflicher Belastung müsse er "auf politischer Ebene zwei Gänge herunterschalten", schreibt Driesang. Der Umbau seines Arbeitsplatzes, des Münchner Gärtnerplatztheaters, habe ihm Zeit für Politik gelassen. Jetzt ist die Renovierung vorbei, Abende und Wochenenden fänden in der Oper statt. Für das Parlament hätte er den Job also aufgegeben. AfD-Mitglied bleibt er. "So schwindet der nächste, dessen Denke über den Tellerrand hinaus ich schätze", meint ein Kommentator auf Facebook. Ein anderer: "Eine heilige Messe sollte die Partei bezahlen, dass es so weit gekommen ist. Wer so denkt, ist in der FDP viel besser aufgehoben."

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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