Poetry-Slam-Wettbewerb:In Deggendorf, da gibt's a Sünd

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Hitzige Debatte über einen Poetry Slam: Für die einen sind die Zeilen von Sebastian Niksch einfach nur derb - für die anderen reine Pornographie!

Max Hägler

Anton Halser ist immer wieder empört, wenn er die Webseite der Stadt Deggendorf aufruft. Ein paar Mausklicks und dann: Pornographie!

Internetseite vom Poetry Slam Deggendorf: Am Text von Sebastian Niksch scheiden sich die Geister. (Foto: Foto: Screenshot)

"Jetzt liegt sie vor mir, heiß und nackt in Reizdessouswäsche gepackt", ist da zu lesen. "Gib mir Süßes!, haucht sie zu mir rüber. Okay, sag ich und beug mich drüber." So beginnt "Das Liebesspiel", ein Gedicht des Deggendorfer Studenten Sebastian Niksch.

Der Text handelt vom Versagen beim jugendlich-ungestümen Koitus. Bei einem Poetry-Slam-Wettbewerb der Stadt kam Niksch damit auf den zweiten Platz - entschieden hatten Gelächter und Applaus. Deswegen steht er auf der Internetseite.

Aber es freuen sich eben nicht alle in Deggendorf über die Zeilen, die zunehmend direkter werden, bis hin zum blutverschmierten "kleinen Freund". "Ein Hohn gegen alle, die sich seriös um Literatur bemühen", schimpft Halser in der Deggendorfer Zeitung. Der Text sei inhaltlich und formal zu beanstanden, das Werk eines "kaum" talentierten jungen Mannes und müsse gelöscht werden.

Halser redet freilich nicht einfach so daher. Er ist vom Fach, leitet die Literaturfreunde Deggendorf. Büchlein mit Mundartgedichten hat Halser herausgebracht, natürlich mit gerader Metrik und sanften Reimen, mit Stolz trägt er sie vor. Sein Credo: Gedichte unterliegen immer "gewissen Kriterien", dürften niemals "reißerisch" sein.

Nun kann man in der einschlägigen bairischen Liederkunde und den Wirtshäusern durchaus Gstanzl hören, die der Halser-Doktrin widersprechen. Das vom Deandl etwa, das ihr "Röckerl auf d'Höh" hebt, wenn die "büldsaubren Jagersbuam" vorbeikommen.

Aber diese volkskundlichen Argumente braucht Oberbürgermeisterin Anna Eder gar nicht. Die CSU-Politikerin reagiert derart aufgeklärt, dass wohl wiederum manche in Deggendorf vor den Kopf gestoßen sein werden: Die Stadt werde sich in Kunstdebatten nicht einmischen, teilt Eder mit. Und überhaupt sei die Darbietung des Studenten nicht pornographisch, "sondern allenfalls derb".

© SZ vom 13.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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