Niederbayern:Wasser, Hopfen, Malz und Dummheit

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Daraus besteht die Straubinger "Grenzzaun-Halbe". Der missratene Marketing-Gag gibt einen Einblick in die Vorstellungswelt manch niederbayerischer Gäuboden-Patrioten.

Kommentar von Sebastian Beck

Wasser, Hopfen, Malz und Dummheit, das sind die vier Grundstoffe, aus denen der Straubinger Röhrlbräu seine "Grenzzaun-Halbe" gebraut hat. Leider verstößt letztere Zutat nicht gegen das Bayerische Reinheitsgebot von 1516, weshalb man das bräunlich etikettierte Getränk als Bier bezeichnen und verkaufen darf.

Das Unternehmen hat die "Grenzzaun-Halbe" inzwischen zwar zurückgezogen, aber nur deshalb, weil der missratene Marketing-Gag gleichermaßen Geschäft und Ruf schädigt.

Immerhin gibt die Aktion einen Einblick in die Vorstellungswelt manch niederbayerischer Gäuboden-Patrioten: Bayern habe Werte und Traditionen, die genauso schützenswert seien wie Menschen auf der Flucht vor Krieg - so versuchte sich die Röhrlbräu-Geschäftsführung am Dienstag noch herauszureden.

Eine bierdimpfelig-überhebliche Selbststilisierung

Diesen Satz muss man sich gleich zweimal durchlesen, vor allem, wenn man sich danach die Werte vor Augen führt, die mit der Rettung von Menschen konkurrieren. Sie stehen in Frakturschrift auf der Flasche: Durschd, Disziplin, Bierwampn, Schafkopfa, Toleranz, Bescheidenheit, Trinkfestigkeit, Gmiadlichkeit, Volksfestzeit, Mia samma mia und anderes mehr.

Bei so viel Schmarrn und Durcheinander kann einem schon mal vor der ersten Halben schlecht werden. Es ist aber genau die bierdimpfelig-überhebliche Selbststilisierung, die nicht nur Stammtischbrüder mit Patriotismus verwechseln, sondern auch in einigen Gegenden mehrheitsfähig ist.

Die Heimat wird in Niederbayern nicht etwa durch Flüchtlinge bedroht. Gerade im Gäuboden sind es die Einheimischen selbst, die ohne Gefühl und Skrupel die Landschaft mit Agrarfabriken und Industriehallen zustellen.

Zu diesem brutalen Umgang mit der Heimat passt die "Grenzzaun-Halbe" perfekt. Es ist derselbe Geist der Rücksichtslosigkeit, der sich hier manifestiert. Schade, denn Bier, Landschaft und Heimat gehen in Bayern an manchen Tagen auch eine leichte und rauschige Verbindung ein, die Grenzen überwindet.

© SZ vom 23.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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