Neues Projekt:Bauen ohne Barrieren

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Der Freistaat unterstützt ein Netz von Beratungsstellen

Von Dietrich Mittler, München

Viel Kritik hat sich Sozialministerin Emilia Müller (CSU) in den zurückliegenden Monaten anhören müssen - vor allem aufgrund ihres Krisenmanagements bei der Unterbringung von neu ankommenden Asylbewerbern. Aber der Wochenanfang hat der Ministerin nun einen Termin ganz nach Wunsch beschert. Am Montag überreichte sie dem Chef der Bayerischen Architektenkammer, Lutz Heese, ein großes Scheckformular aus Karton - darauf verzeichnet der Betrag von 361 473 Euro. Damit will sich der Freistaat am Ausbau der "Beratungsstelle Barrierefreiheit" beteiligen. In den neuen Beratungsstellen sollen sich Bürgerinnen und Bürger kostenlos Informationen zum Abbau von baulichen Hindernissen holen können, die das Leben von Alten und Behinderten erschweren.

"Um unser Ziel eines barrierefreien Bayerns bis 2023 zu erreichen, müssen wir alle Kräfte bündeln", sagte Müller. Nur so lasse sich das von Ministerpräsident Horst Seehofer gesetzte Ziel erreichen. Im ersten Schritt gehe es nun darum, öffentlich zugängliche Gebäude für behinderte und darüber hinaus für alte Menschen und junge Mütter mit Kleinkindern frei zugänglich zu machen. Da seien Beratungsstellen "ein wichtiger Meilenstein". Doch auch im Bereich Mobilität, etwa beim öffentlichen Nahverkehr, sowie im Bildungsbereich will Müller schon bis 2016 etwas voranbringen. Mit Blick auf die Landtagsopposition, die der Staatsregierung vorwirft, nach großen Tönen beim Barrieren-Abbau bis 2023 wieder zurückzurudern, sagte Müller: "Wir schaffen das bis zum Jahr 2023!" Launig fügte sie hinzu: "Es ist eine große Aufgabe, aber wenn ich weiß, dass wir die Architektenkammer mit dabei haben, habe ich nichts mehr zu befürchten."

Kammerchef Lutz Heese bedankte sich wortreich, sowohl "für das entgegengebrachte Vertrauen" als auch für die Fördermittel. Die sollen jetzt dazu beitragen, landesweit weitere Beratungsstellen - etwa im Kreis Lichtenfels oder auch in Rosenheim, Deggendorf, Weiden und Ansbach - aufzumachen. Dort erfahren Interessierte zum Beispiel, ob der behindertengerechte Umbau ihres Hauses unter Umständen durch Fördermittel subventioniert wird.

Für Bürger, die nun in die Jahre kommen, sei ein solches Wissen essenziell, sagte Müller: "Die Menschen wollen im Alter solange wie möglich daheim bleiben." Aber auch im öffentlichen Nahverkehr solle - insbesondere gestützt auf leichter betretbare Niederflurbusse - künftig mehr dafür getan werden, dass Alte und Behinderte lange mobil bleiben und so aktiv am Leben teilnehmen können.

Doch trotz solcher Auftritte beobachten nicht nur die Landtags-Opposition, sondern auch Sozial- und Behindertenverbände die Staatsregierung mit Skepsis, ob sie tatsächlich so viel Geld bereitstellt, wie das Projekt bis 2023 kosten wird. Auf 1,5 Milliarden Euro hatte Müller die zu erwartenden Investitionen im ersten Anlauf geschätzt und dann später auf 1,3 Milliarden runtergerechnet. Tage zuvor erst hat der VdK betont, in Sachen Behindertenpolitik habe Bayern "viel Luft nach oben." Ministerin Emilia Müller, stellte indes klar, dass die Finanzierung des Barriereabbaus nicht allein Staatsangelegenheit sei: "Die Kommunen müssen selber Geld in die Hand nehmen", sagte sie.

© SZ vom 12.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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