Naturschutz:Kraniche ziehen schwarenweise über Bayern

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Kraniche sind bis zu 1,30 Meter groß, ihre Flügelspannweite misst bis 2,45 Meter. (Foto: dpa)

Veränderte Lebensräume zwingen die Vögel auf neue Routen - und die sind ein Erfolg für die Vogelschützer.

Von Christian Sebald, München

Der Zug der Kraniche zählt zu den eindrucksvollsten Naturspektakeln im Herbst. Fliegen die großen graugefiederten Schreitvögel doch in riesigen V-förmigen Trupps von Hunderten Tieren aus ihren Brutgebieten in Nord- und Osteuropa in die Winterquartiere in Spanien und Nordafrika. Seit wenigen Jahren kann man den Herbstzug der Kraniche auch in Bayern beobachten.

Denn die Großvögel haben offenkundig zwei neue Routen etabliert: eine von Thüringen kommend über Franken in Richtung Baden-Württemberg, die andere von Ungarn her die Alpen entlang nach Westen. "Vor allem an der Isar und am Lech trifft man derzeit Unmengen Kraniche an", sagt Miriam Hansbauer vom Vogelschutzbund LBV. "Und das wird noch einige Zeit andauern." Vor einem Jahr zählten die LBV-Leute 30 000 Kraniche auf der neuen Alpenroute. Diesen Herbst sollen es mindestens so viele werden.

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Die beiden neuen Flugrouten durch Bayern sind ein großer Erfolg für die Vogelschützer. Zwar zählen Vögel, die bis zu 1,30 Meter groß sind und eine Flügelspannweite von bis zu 2,45 Meter erreichen können, nicht zu den wirklich bedrohten Arten. Dennoch schrumpften über lange Jahre hinweg die Bestände. Die Gründe waren vielfältig: So leerten Eiersammler regelmäßig Kranichnester, außerdem stellten Jäger den Vögeln nach. Die Hauptursache dürfte freilich gewesen sein, dass die Bauern Feuchtwiese um Feuchtwiese und ein Moor nach dem anderen trockenlegten, um Acker- und Weideland zu gewinnen.

Dadurch schrumpfte der Lebensraum der Kraniche so dramatisch, dass sich die Grenze ihres Vorkommens in Europa seit Beginns des 20. Jahrhunderts um wenigstens 400 Kilometer nach Norden verschob. Seit nun immer mehr Brut- und Rastgebiete unter Schutz gestellt und Moore renaturiert werden, erholen sich die Bestände, die Kraniche breiten sich sogar allmählich wieder aus. Und dies dürfte der Grund für die beiden neuen Flugrouten durch Bayern sein.

Der Kranich-Zug folgt einer strengen Ordnung. Vorneweg fliegen die kräftigsten und erfahrensten Tiere, ihnen folgen die Familien mit den Jungtieren. Während des Flugs orientieren sich die Anführer an Landmarken, zum Beispiel an Bergen und Seen, vor allem aber an Flüssen. Womöglich haben sie auch einen Sinn für das Erdmagnetfeld, aber das ist noch nicht wirklich erforscht.

Schnelle und ausdauernde Flieger

Die Kraniche ziehen hauptsächlich bei Hochdruckwetter, denn dann können sie sich von den Ostwinden tragen lassen und Kraft sparen. Dabei erreichen sie Fluggeschwindigkeiten von um die 65 Kilometer pro Stunde. Sie sind auch sehr ausdauernde Flieger und können Strecken von bis zu 2000 Kilometern ohne Pause zurücklegen. Solche Langstrecken sind aber die Ausnahme, in der Regel beträgt eine Tagesetappe bis zu hundert Kilometer.

In den vergangenen Jahren dauerte der Kranich-Zug durch Bayern immer bis Mitte November. Miriam Hansbauer rechnet damit, dass es auch in diesem Jahr wieder so sein wird. Der neue Herbstzug durch den Freistaat ist es nicht alleine, der die Vogelschützer so stolz macht. Inzwischen gibt es auch wieder Kraniche, die hier brüten. Zwar sind es bisher nur ungefähr zehn Paare, die meisten davon leben in der Oberpfalz. Aber auch das wird wohl nicht so bleiben. In diesem Frühjahr wurde erstmals seit 124 Jahren wieder im Alpenvorland ein Brutpaar gesichtet. Wo genau sich die beiden Kraniche niederließen, wollen sie beim LBV nicht verraten - um die Tiere nicht zu gefährden, sollten sie im nächsten Frühjahr zurückkommen.

© SZ vom 04.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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