Naturschutz:Das Ende von Hase und Igel

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Ein Sinnbild fürs Artensterben: Der Igel werde wohl der Dinosaurier von morgen, sagen die Grünen und sehen die Naturkatastrophe nahen. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Im Landtag bringen die Grünen das drastische Artensterben auf die Tagesordnung - und fühlen sich von Umfragen darin bestärkt

Von Lisa Schnell, München

Besonders belebt sieht es im Plenum am Dienstag nicht aus. Die meisten Sitze sind leer. Und das, obwohl gerade die "aktuelle Stunde" begonnen hat. Vor 50 Jahren bekamen die Fraktionen das Recht, abwechselnd ein Debattenthema zu nennen, sagt Vizepräsidentin Ulrike Gote. Das sollte die Diskussionen beleben. Nur ein paar Abgeordnete sind anwesend, um das Jubiläum zu beklatschen. Vor allem die Vertreter der CSU sieht man noch auf den Gängen. Sie reden über Merkel, Seehofer, Abweisungen an der Grenze. Was für sie gerade aktuell ist, dürfte klar sein.

Die Grünen aber sind dran mit der aktuellen Stunde und wollen mal wieder über etwas anderes reden als die Flüchtlingsfrage. Sie verweisen auf eine Umfrage des Forsa-Instituts, nach der 75 Prozent der Bayern andere Themen wichtiger finden. Eines davon, meinen die Grünen, ist das Artensterben. Sie präsentieren sich damit als die wahren Heimatschützer. Ein Etikett, das sie sich schon mit ihrem Volksbegehren gegen den Flächenfraß anhefteten und mit dem sie vor allem bei den eher konservativen Wählern auf dem Land punkten wollen.

"Wäre nett, wenn Sie bei diesem Thema auch zuhören würden", bittet Ludwig Hartmann, Fraktionschef der Grünen, die Kollegen der CSU am Anfang seiner Rede und beginnt seine Beweisführung, warum Igel und Hase mindestens so aktuell sind wie Grenzkontrollen. "Wahrscheinlich werden der Hase und der Igel die Dinosaurier von morgen werden", sagt Hartmann. Die Katastrophe sei nah, Hartmann beschreibt sie mit Zahlen so: Mehr als 60 Prozent der Schmetterlingssorten sind vom Ausstreben bedroht, über 40 Prozent der wilden Säugetiere. "Da muss doch auch mal bei Ihnen die Alarmglocke läuten", sagt Hartmann zur Seite der CSU. Die Bevölkerung hätte die Signale schon erkannt wie eine von den Grünen in Auftrag gegebene Umfrage beim Civey-Institut zeige.

Mehr als 90 Prozent der Bayern empfinden demnach den Schutz von Tier- und Pflanzenarten als sehr oder eher wichtig. Etwa die Hälfte will, dass mehr dafür getan wird. Bei der Frage wie, setzen die Befragten auf verbindliche Gesetze und weniger Pestizide auf den Feldern. Eine Obergrenze beim Flächenverbrauch, wie sie die Grünen fordern, findet nur wenige Befürworter. Darauf geht Hartmann nicht ein, dafür auf seine Forderung, die "Ackergifte" bis 2030 zu halbieren und das "Versagen der CSU-Regierung". Ihre Politik aus "vielen Foto-Terminen und Freiwilligkeit" sei "krachend gescheitert". Zu einem ähnlichen Urteil kommt Florian von Brunn von der SPD. Naturschutz gebe es nur mit einer veränderten Landwirtschaftspolitik. Die CSU aber betreibe "Profit- und Lobbypolitik auf Kosten der Natur" und das mit verheerenden Folgen, von denen Brunn einige aufzählt: "Sterben Bienen, fehlen Bestäuber für Äpfel und Pflaumen, sterben Insekten, dann verhungern auch Fische und Fledermäuse."

Benno Zierer von den Freien Wählern redet weniger von den Tieren, die aussterben, sondern von den Menschen, die mit dem Finger nicht immer auf die anderen zeigen sollen, vor allem nicht auf die Landwirte. "Wir setzen nicht auf Gängelung, sondern auf ein großes Maß an Freiwilligkeit", sagt er und ist damit wohl der erste Redner der Opposition, dem Umweltminister Marcel Huber zustimmen kann. Obwohl, in den Zielen sei man ja beieinander, sagt Huber: "Die Artenvielfalt ist in Gefahr. Wir müssen alles tun, um diesem entschieden entgegenzutreten." Und das tue die Staatsregierung auch, mit einem neuen Artenschutzzentrum in Augsburg, mit zehn Millionen Euro für neue Artenschutzprogramme. Zum Schluss lädt Huber alle Fraktionen ein, bei diesem wichtigen Thema gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.

In einer schwarz-grünen Koalition, von der die Grünen bis vor Kurzem noch gerne sprachen, wird das wohl nicht passieren. Mit einer CSU, die immer weiter nach rechts außen geht, können die Grünen sich eine Zusammenarbeit nicht mehr vorstellen. So gesehen ist auch bei dieser aktuellen Stunde die Flüchtlingspolitik der CSU präsent.

© SZ vom 27.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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