Nach tödlichem Unfall in Nürnberg:Raser muss fast vier Jahre in Haft

Lesezeit: 2 min

Am 11. Juni starb die 18 Jahre alte Marie in Nürnberg. Der Fahrer dieses BMW ist nun zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. (Foto: dpa)
  • Ein Raser muss nach einem tödlichen Unfall für drei Jahre und zehn Monate ins Gefängnis. Er hatte im Juni 2014 eine junge Frau auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg angefahren und tödlich verletzt.
  • Bei dem Unfall hatte er 1,49 Promille Alkohol im Blut. Statt der erlaubten 50 war er mit 129 km/h unterwegs.
  • Der 27-Jährige sitzt schon im Gefängnis: Er war vor dem Unfall wegen gefährlicher Köperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat verurteilt worden.

Von Katja Auer, Nürnberg

Marie hat keine Chance an diesem sonnigen Mittwochabend im Juni. Sie ist zu Besuch bei ihrer großen Schwester in Nürnberg, eine ganze Woche wollte sie bleiben. Die beiden sind mit Inline-Skates unterwegs, sie drehen die große Runde am Dutzendteich. Marie ist eine erfahrene Skaterin, sportlich sowieso, sie ist Kapitänin einer Volleyballmannschaft. Aber als sie an jenem Sommerabend die Große Straße auf dem Reichsparteitagsgelände überqueren will, jene breite schnurgerade Straße, die Hitler zum Aufmarschieren planieren ließ, da kann sie nichts tun. Ein 27-Jähriger rast mit seinem BMW heran und erfasst das Mädchen. Marie stirbt an der Unfallstelle. Sie wird 18 Jahre alt.

Am Freitag ist der junge Mann vom Amtsgericht Nürnberg zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. "Der Unfall war unvermeidbar, so wie er gefahren ist", sagt der Richter in seiner Begründung. "Er hätte so fahren müssen wie es sich gehört, nämlich nüchtern und unter Beachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit."

Der Angeklagte will nicht schneller als 85 km/h gefahren sein

Der junge Mann bastelte abends gerne an seinem BMW herum, ein schnelles Auto mit 286 PS. Dazu trank er gerne ein paar Bier. Dreieinhalb sollen es an jenem Abend gewesen sein, als er die Nummernschilder von seinem Kleinwagen auf den nicht zugelassenen BMW schraubte, um damit ein wenig auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände herumzufahren. Um die Batterien wieder aufzuladen, sagt er. "Aus purer Angeberei und der Lust am schnellen Autofahren", sagt der Staatsanwalt. Dreimal fährt er die Große Straße auf und ab, "mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit", sagt ein Zeuge. Beim dritten Mal steht Marie am Straßenrand.

In seiner Version ist der Angeklagte nicht schneller als 85 Stundenkilometer gefahren und als die junge Frau auf einmal hinter einem Straßenschild auf die Straße "gesprungen" sei, habe er den Zusammenstoß nicht mehr verhindern können. Das stimmt, bestätigt ein Gutachter, zu verhindern war der Unfall wohl in diesem Moment nicht mehr. Allerdings weil der Autofahrer viel zu schnell unterwegs war, mit mindestens 129 Stundenkilometern bei erlaubten 50. Ein Straßenschild hat außer dem Angeklagten niemand gesehen. "Unvermeidlich" sei der Aufprall für Marie gewesen, sagt der Gutachter.

Über 200 Meter waren die Teile des Autos nachher auf der Straße verstreut, der Fahrer war in seinem BMW eingeklemmt, verletzt wurde er fast nicht. 1,49 Promille Alkohol hatte er mit Blut, zuviel für dreieinhalb Bier. Dass er Tage zuvor gekifft hatte, war ihm auch noch nachzuweisen. Er sei aber voll schuldfähig, sagte der Gutachter.

Marie hatte ein Einser-Abitur gemacht und wollte studieren

"Sorry, tut mir leid, das wollte ich nicht", sagt der junge Mann zu der älteren Schwester, die wie ihre Mutter als Nebenklägerin auftritt. Eine Entschuldigung, die der Staatsanwalt als reine Taktik wertet. Wie es überhaupt recht emotional wird in den Plädoyers. Der Staatsanwalt fordert drei Jahre und elf Monate und bedauert, dass er keine lebenslange Führerschein-Sperre fordern könne. "Das ist ein ganz besonders schweres Unrecht, das auch besonders hart bestraft werden muss", sagt er. Der Vertreter der Nebenklage hält ein Bild von Marie hoch und nennt sie "nicht das Opfer eines Unglücksfalls, sondern das Opfer einer Gewalttat". Der Verteidiger schließlich will davon nichts wissen, es bleibe ein Verkehrsunfall, wenngleich ein schrecklicher. Er plädiert für eine Haftstrafe von drei Jahren und einem Monat.

Der 27-Jährige sitzt schon im Gefängnis, einige Wochen vor dem Unfall war er unter anderem wegen gefährlicher Köperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat verurteilt worden.

Marie hatte gerade ein Einser-Abitur gemacht, sie wollte bald in die USA reisen und danach Psychologie studieren.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: