München:Scharfe Kritik an Stromkompromiss

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Auch die geplanten Erdkabel stoßen auf Widerstand

Die neuen Stromtrassen-Pläne der Staatsregierung stoßen in Bayern nach wie vor auf großen Widerstand. Der Berliner Energie-Kompromiss vom Mittwoch wird von Bürgerinitiativen, Oppositionspolitikern und Landwirten scharf kritisiert. "Elf Milliarden Euro mehr, um eine Trasse zu vergraben, die überflüssig ist wie ein Kropf", sagt Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, "diesen Stromtrassen-Irrsinn kann man nicht erklären." Sollte die CSU diese Pläne nicht begraben, so ätzt Aiwanger, "dann kann sie bei der nächsten Wahl ihre absolute Mehrheit begraben."

Ministerpräsident Horst Seehofer gibt sich dennoch zuversichtlich, die Kritiker von den Vorteilen des Kompromisses überzeugen zu können. "Gespräche zu verweigern" sei jedenfalls "das Schlechteste", sagte er mit Blick darauf, dass mehrere Bürgerinitiativen gegen die Stromtrassen ihre Teilnahme an einer Veranstaltung mit Wirtschaftsministerin Ilse Aigner in Regensburg abgesagt hatten. Bei dieser Veranstaltung hatte Aigner am Freitag über die Ergebnisse des Energie-Gipfels informieren wollen. Die Kritiker nehmen ihr und Seehofer jedoch übel, dass sie die Leitungen nicht gänzlich verhindert haben. Ihnen wäre eine dezentrale Stromversorgung lieber, als künftig auf den Strom aus dem Norden angewiesen zu sein.

Seehofer verteidigt dagegen die Ergebnisse des Energie-Gipfels. "Es gibt keine einzige Monstertrasse", sagte er am Samstagmorgen vor einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. Das habe er versprochen, und das habe er in Berlin durchgesetzt. "Wir haben alles getan zur Schonung der Bürger und zur Schonung unserer schönen bayerischen Heimat." Anders als die ursprünglich geplanten riesigen Masten quer durch Bayern werde man die jetzt vereinbarten Erdkabel nicht sehen, betonte Seehofer. Damit sei "sichergestellt, dass es keine Todsünden gibt. Bayern wird die Energiewende machen ohne gravierende Eingriffe in die Natur." Am Mittwoch hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chef Sigmar Gabriel und Seehofer darauf verständigt, den künftig benötigten Strom aus dem Norden Deutschlands doch nicht über riesige Stromleitungen nach Süden zu transportieren, sondern überwiegend Erdkabel zu verlegen. Daraufhin hatte Seehofer für Samstag eine außerordentliche Vorstandssitzung anberaumt. Danach verkündete die CSU-Spitze, verstärkt das Gespräch mit den Kommunen und Bürgerinitiativen zu suchen.

SPD-Energieexpertin Natascha Kohnen wirft Seehofer vor, "über eineinhalb Jahre lang" jedem Betroffenen vor Ort versprochen zu haben, es gehe ohne Trasse. "Jetzt kommen mit seiner Zusage zwei Trassen und er versucht weiter, das wegzureden." Bayern-SPD-Chef Florian Pronold kritisiert Seehofer, weil er zunächst "die Notwendigkeit des Ausbaus geleugnet" und "besorgten Bürgern Sand in die Augen gestreut" habe. Erst auf Druck der Kanzlerin sei Seehofer auf die SPD-Linie eingeschwenkt. Jetzt versuche er "seine Niederlage durch falsches Siegesgeheul zu überdecken".

Der Bayerische Bauernverband kritisiert die geplante Erdverkabelung. Er befürchtet eine Erwärmung des Bodens durch die vergrabenen Stromkabel und damit "erhebliche Produktionseinbußen", wie ein Verbands-Vertreter der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte. Seehofer entgegnete dieser Befürchtung gelassen: "Wenn das unser Problem sein sollte, dann Glückwunsch Bayern."

© SZ vom 06.07.2015 / dku, SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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