München:Interne Fahndung

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Die Bayerische Polizei sucht nach "Reichsbürgern" in den eigenen Reihen

Drei der bislang festgestellten sechs mutmaßlichen "Reichsbürger" bei der bayerischen Polizei sind nach Angaben des Innenministeriums derzeit vom Dienst suspendiert. "Aufgrund der gravierenden Vorwürfe ist das Vertrauensverhältnis stark beschädigt", sagte ein Sprecher am Montag in München. Bei den drei anderen Fällen sei trotz der laufenden Disziplinarverfahren aber zunächst keine Suspendierung notwendig. Generell sei die Suche nach "Reichsbürgern" unter den etwa 40 000 Polizisten nicht einfach. "Der Beamte muss an anderer Stelle aufgefallen sein, etwa bei einer Gemeinde." Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kündigte ein noch konsequenteres Vorgehen gegen "Reichsbürger" an. "Wer im öffentlichen Dienst tätig ist, hat - und zwar zweifelsfrei - auf dem Boden unserer Verfassung zu stehen", sagte er vor der CSU-Vorstandssitzung in München. Vor zwei Wochen war ein Polizist in Mittelfranken bei einer Razzia von einem "Reichsbürger" erschossen worden. Danach wurde auch publik, dass sich "Reichsbürger" in den Reihen der Polizei befinden. Anhänger der Bewegung erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an, staatlichen Institutionen wie Gerichten sprechen sie die Legitimität ab und erkennen oft Bescheide nicht an.

Die meisten der Beamten, gegen die derzeit ein Disziplinarverfahren laufe, seien schon im Polizeidienst gewesen, als es die Reichsbürgerbewegung noch gar nicht gab, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). "In Zukunft werden wir das schon bei der Einstellung abfragen. Eine Mitarbeit bei den ,Reichsbürgern' ist mit unserem Verständnis des Berufsbeamtentums in Bayern völlig unvereinbar, egal ob als Polizeibeamter oder in anderen Bereichen." Das Ministerium und die Polizei würden weiterhin hart gegen alle "Reichsbürger" durchgreifen, es sei aber keinesfalls so, dass die Polizei "unterwandert" sei, sagte der Sprecher. Um solche Leute schnell aufzuspüren, seien alle Gemeinden angeschrieben und um Hinweise sowie Personalien aufgefallener "Reichsbürger" gebeten worden. Diese würden dann von den Disziplinarbehörden ausgewertet.

Laut Innenministerium wurden in Bayern bislang sechs mutmaßliche "Reichsbürger" bei der Polizei festgestellt. Bundesweit hat eine Umfrage der Süddeutschen Zeitung unter den Innenministerien ergeben, dass derzeit 15 Disziplinarverfahren gegen Polizisten mit einem möglichen Bezug zu "Reichsbürgern" liefen. Trotz der gehäuften Zahl in Bayern sieht auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei im Freistaat, Peter Schall, darin kein speziell bayerisches Problem. "Das ist in der Tat peinlich, aber das wird es in allen Ländern geben. Denn die Polizei ist ja ein Spiegelbild der Gesellschaft." Es sei wichtig, dass nach den aktuellen Ereignissen die Polizei sensibler damit umgehe und ein "Selbstreinigungsprozess" eingesetzt habe. Polizisten seien "genervt" von "Reichsbürgern" in ihren Reihen und "froh, wenn nun gegen das Unwesen vorgegangen wird".

© SZ vom 02.11.2016 / dpa, SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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