Mittenwald:Als der Blitz das Gebirgsjäger-Camp trifft

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Das haut rein: Ein Blitz schlägt in einem Feld ein. (Foto: Patrick Pleul/dpa)
  • 18 Soldaten mussten nach einem Blitzeinschlag ins Krankenhaus nach Garmisch-Partenkirchen.
  • Drei Gebirgsjäger sind mittelschwer verletzt, in Lebensgefahr schwebt aber keiner von ihnen.

Von Heiner Effern, Mittenwald

Es war exakt 15.30 Uhr, als seine Leute vom Blitz getroffen wurden. Selbst in hektischen Zeiten wie an diesem Donnerstag legt Oberstleutnant Marc-André Walther, Kommandant der Gebirgsjäger in Mittenwald, Wert auf militärische Akkuratesse. Doch auch diese hätte das dramatische Ende eines Biwaks auf dem Truppenübungsplatz am Hohen Brendten nicht verhindern können.

Gegen 15 Uhr zog am Mittwoch ein Gewitter über dem Zeltlager junger Soldaten auf, die gerade ihre ersten Trainingswochen durchlaufen. Als klar wurde, dass die Einschläge näher kommen, hätten die Ausbilder das Notprogramm für Gewitter im Freien umgesetzt, sagt der Oberstleutnant: Gewehre weg, Funkgeräte aus, alle Metallteile raus aus der Kleidung. Möglicherweise hat das Schlimmeres verhindert, doch die Bilanz nach dem Einschlag ist heftig genug: 18 Soldaten mussten ins Krankenhaus nach Garmisch-Partenkirchen. Drei Gebirgsjäger sind mittelschwer verletzt, in Lebensgefahr schwebt aber keiner von ihnen.

Als die Bergwacht und erste Sanitäter des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) am Hohen Brendten eingetroffen seien, hätten die unverletzten Gebirgsjäger bereits begonnen, ihre Kameraden zu versorgen, sagt BRK-Einsatzleiter Michael Debertin. Alle Soldaten seien ansprechbar und bei Bewusstsein gewesen. Die meisten Leichtverletzten seien unter Schock gestanden und hätten einen elektrischen Schlag verspürt. Verbrennungen durch einen direkten Blitztreffer habe es keine gegeben. Die Gebirgsjäger, die sich am nächsten am Einschlagort befunden hätten, seien wegen Krämpfen behandelt worden. Vier von ihnen transportierten die beiden herbeigerufenen Helikopter ins Klinikum, der Rest wurde mit Krankenwagen gefahren.

Wie die Rettungsaktion ablief

Insgesamt waren neben den Hubschraubern siebzehn Einsatzfahrzeuge aus der Region und auch aus dem benachbarten Tirol angerückt. Die Rettungskräfte richteten auf der Gröblalm, etwa eineinhalb Kilometer unter dem Biwak, ein medizinisches Zentrum ein. Dorthin wurden die Patienten über teilweise steiles Gelände hinabgebracht.

Der zuständige Notarzt beschloss jedoch, wegen des Gewitters und des starken Regens die Verletzten nicht in einem dort eigens aufgebauten Zelt zu behandeln. "Insgesamt war die Situation nicht so dramatisch, wie sie sich nach den ersten Alarmmeldungen dargestellt hatte", sagt BRK-Einsatzleiter Debertin. Die Bergung und Versorgung der Soldaten sei sehr geordnet abgelaufen.

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Im Klinikum Garmisch-Partenkirchen sind Patienten, die unter den Folgen eines Blitzeinschlags leiden, keine Seltenheit. In den Bergen ringsum werden immer wieder Alpinisten von schnell aufziehenden Gewittern überrascht. "Dass ein Blitz bei einem Menschen im Kopf einschlägt und bei den Zehen wieder austritt, ist aber die absolute Ausnahme", sagt der ärztliche Leiter Hans-Dieter Allescher. Deshalb seien Verbrennungen bei vom Blitz getroffenen Patienten sehr selten.

Wie gefährlich ein Blitzeinschlag ist

Wie sehr jemand in Mitleidenschaft gezogen wird, hängt nicht nur von der Distanz zum Ort des Einschlags ab. Es spielt zum Beispiel auch eine Rolle, ob jemand barfuß ist oder in Kampfstiefeln, ob die Kleidung nass oder trocken ist, oder wie hoch die Luftfeuchtigkeit ist. Meistens erhalten die Betroffenen einen starken Stromimpuls, wenn der Blitz in unmittelbarer Nähe einschlägt. So wie es im Biwak am Hohen Brendten wohl geschah.

Doch auch in solchen Fällen können die Folgen gravierend sein. Wie bei einem Stromschlag würden alle Teile des Körpers reagieren, die solch einen elektrischen Reiz aufnehmen, sagt der medizinische Leiter des Klinikums in Garmisch-Partenkirchen: Nerven oder Muskeln zum Beispiel. "Das kann im Maximalfall zu Krämpfen führen, die man auch sieht." Dauert solch ein Zustand über längere Zeit an, könnten diese auch zu einer Lähmung der Atmung und der Herzmuskulatur und schließlich auch zum Tod führen. Bei einem kurzen Schlag, wie bei einem Blitz, müssten die Patienten in jedem Fall 24 Stunden in der Klinik zur Beobachtung bleiben.

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Erst wenn sicher sei, dass beispielsweise keine Herzrhythmusstörung vorliege, dürften sie nach Hause. Das gilt für die meisten der Soldaten, die nach Auskunft von Walther am Donnerstag in die Kaserne nach Mittenwald zurückkehren konnten. Die etwa 100 Rekruten auf dem Truppenübungsplatz waren offenbar gerade dabei, ihr Lager einzurichten, als das Gewitter aufzog. Der Biwak-Platz liegt im lichten Wald. Dort hätten sich die Soldaten beim Einschlag befunden, sagt Oberstleutnant Walther.

Die Vorgesetzten der auszubildenden Gebirgsjäger hätten sich nach ersten Erkenntnissen "sehr schnell und sehr richtig" reagiert. Dennoch sei die Untersuchung eines solchen Unfalls in der Bundeswehr Standard. "Wir werden den Vorfall genau rekonstruieren", sagt Walther. Das Biwak auf dem Hohen Brendten wurde von den Gebirgsjägern nach dem Blitzeinschlag beendet.

© SZ vom 24.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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