Mitten in Bayern:Raucherklubs sind ein Kapitel im Geschichtsbuch

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Nach zehn Jahren Rauchverbot kommt auch niemand mehr auf die Idee, in seiner Bar dauerhaft das Theaterstück "Rauchen wie früher" aufzuführen.

Kolumne von Johann Osel

Wer rauchen will, muss vor die Tür. So einfach ist das, seit zehn Jahren ist das Rauchverbot in Bayern in Kraft. Der giftige Qualm einstiger Debatten ist verflogen, die Leute stehen wie selbstverständlich draußen oder sitzen da flauschdeckenumhüllt, bibbern und paffen. 2008 war der erste Schritt, es folgten viel Knatsch und ein Volksbegehren bis zur jetzigen Regel. "Das emotionalste Thema, das ich in der Verbandsgeschichte erlebt habe", erinnert sich der Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes.

Auch die Kreativität der Anfangszeiten ist ein Kapitel im Geschichtsbuch. Damals wurden so viele Lokale zu Raucherklubs, dass man bei all den Mitgliedskarten den dicken Geldbeutel kaum tragen konnte. In Mühldorf am Inn war ein Wirt auf eine famose Idee gekommen. Seine Bar wurde zur Kleinkunstbühne und jeder Gast Akteur eines Theaterstücks mit dem Inhalt: Rauchen wie früher.

Aber, wie gesagt: Alles vorbei. Manche Boazn mag gelitten haben, andere freuten sich über neue Klientel, die erst mit der Atemluft wieder an die Tresen kam. Wie viele Bayern wegen des Gesetzes aufgehört haben - keine Statistik weiß das. In diesen Tagen ist Aufhören freilich akut in Mode, Vorsätze wollen gefasst sein. So werden gerade quer durch den Freistaat Rauchstopp-Kurse beworben, meist von Krankenkassen und sozialen Einrichtungen.

Der Schlüssel liegt eigentlich in der Disziplin, zuweilen in Hilfsmitteln wie Nikotinkaugummis und Keksen. Beides hat Haken: Man wird schnell vom Kettenraucher zum Kettenkauer; oder aus der Kurzatmigkeit der Lunge wird ein Keuchen wegen neuer Pfunde. "Zum Aufhören ist es nie zu spät" heißt ein Rat. Man könnte erwidern: "Dann hat's ja noch Zeit." Oder sich doch professionelle Hilfe suchen in einem Kurs, Stichwort Gruppendruck.

Wer schon mal ein solches Seminar belegt hat, könnte allerlei Schnurren erzählen. Aus Datenschutzgründen sei nur der schönste Satz eines Kurses 2017 in München zitiert. Auf die Einstiegsfrage der Psychologin, wieso sich das rauchfreie Leben denn lohne, kamen viele Antworten: Länger leben, weniger husten, sportliche Ziele, Vorbild für die Kinder sein, mehr Geld. Ein Italiener im Kurs hatte eine andere Hauptmotivation: "Mehr Küsse von meiner Frau!" Die seien ihm vergönnt, hoffentlich hat der Mann durchgehalten.

© SZ vom 03.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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