Missbrauchsverdacht in Augsburg:Kirche stellt Pfarrer Ultimatum

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Das Bistum Augsburg hat einen Gemeindepfarrer zur Selbstanzeige gezwungen. Die Missbrauchsvorwürfe gegen den Mann sind bereits seit zehn Jahren bekannt.

Katja Auer

Der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche weitet sich aus: Im Bistum Augsburg steht ein ehemaliger Gemeindepfarrer unter dem Verdacht, vor elf Jahren Kinder missbraucht zu haben. Das Ordinariat zwang den Priester jetzt mit einem Ultimatum zur Selbstanzeige. Andernfalls werde die Diözese selbst die Staatsanwaltschaft einschalten, teilte das Ordinariat am Montag mit.

Das Bistum habe 1999 Hinweise auf die "moralisch fragwürdigen Verhaltensweisen" des Pfarrers erhalten, aber damals keine Strafanzeige gestellt, weil die Eltern ausdrücklich darum gebeten hätten.

"Kein unkontrollierter Kontakt zu Kindern"

Der Priester habe bestritten, dass sein Verhalten "die Schwelle des moralisch oder rechtlich Erlaubten" überschritten habe.

Dennoch sei er versetzt worden und mit einer Aufgabe betraut, "bei der keine Gefahr eines unkontrollierten Kontaktes zu Kindern und Jugendlichen bestand". Der Mann sei bis heute nicht mehr als Gemeindepfarrer eingesetzt worden, teilte das Bistum weiter mit.

Aufgrund aktueller Hinweise habe das Ordinariat den Vorgang nun wieder aufgerollt. Der Missbrauchsbeauftragte der Diözese, Domkapitular Harald Heinrich, habe mit dem Pfarrer gesprochen und ihm "dringend nahegelegt", die fragliche Tat von der Staatsanwaltschaft rückhaltlos aufklären zu lassen. Der Mann sei von allen Aufgaben entbunden worden.

Das Bistum will offensiv mit Missbrauchsvorwürfen umgehen und alle Hinweise sofort an die Staatsanwaltschaft weiterleiten. Bischof Walter Mixa dulde bei Kindesmissbrauch "keine Toleranz", sagte Generalvikar Karlheinz Knebel.

"Null Toleranz" für Missbrauch in Schulen gab unterdessen auch Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) als Grundsatz aus. Er fordert die vollständige Aufklärung aller Vorwürfe und will zur künftigen Prävention einen Runden Tisch begründen, an dem Verantwortliche der Schulen, aber auch Experten aus Gesellschaft und Wissenschaft teilnehmen sollen. Spaenle ist derzeit Präsident der Kultusministerkonferenz und will demnächst mit Bundesbildungsministerin Annette Schavan das Thema besprechen.

Ministerpräsident Horst Seehofer und Justizministerin Beate Merk (beide CSU) fordern die Verlängerung der Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch auf mindestens 30 Jahre. Seehofer will außerdem, dass sich die Verantwortlichen in kirchlichen Bildungseinrichtungen "unverzüglich" an die staatlichen Behörden wenden, wenn ein Missbrauchsvorwurf laut wird. Seehofer sei bei der Aufklärung für ein "schonungsloses" Vorgehen.

© SZ vom 09.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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