Kritik an Politik:Wirtschaft fordert Gesundheitskarte

Lesezeit: 2 min

vbw mahnt mit Studie dringende Änderungen an - auch in der Pflege

Von Dietrich Mittler, München

Die Zahl der alten Menschen in Bayern steigt stetig, und damit verbunden auch die Zahl der in dieser Altersgruppe besonders häufig auftretenden Gesundheitsbeschwerden - oft sind es chronische Erkrankungen. Das wiederum bedingt höhere Kosten im Gesundheitssystem sowie auch einen erhöhten Personalbedarf, nicht zuletzt in der Pflege. Für die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) ist es nun höchste Zeit zu handeln, um die bisherige Behandlungsqualität in Zukunft erhalten zu können. Denkanstöße für ein Umdenken in der Gesundheitspolitik wurden am Montag in München präsentiert, und zwar in Form einer neuen Studie, erstellt vom Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft.

Alfred Gaffal, Präsident der Vereinigung, warnte vor "extremen Finanzierungsproblemen". Auch wenn die augenblickliche Versorgungssituation durchaus gut sei, so bedeute das noch lange nicht, dass es so bleibe. Für ein Umdenken sei es nun höchste Zeit: "Der Bedarf steigt, und die Möglichkeit, diesen Bedarf zu bedienen, sinkt", hieß es. Und: "Wir sehen doch noch ganz schön viel Naivität auf Seiten der Politik, was in Zukunft die Finanzierung des Gesundheitswesens betrifft." Da, so Gaffal und Kollegen, könne man den Finger nicht tief genug in die Wunde legen.

Hier nun soll die neue Studie "Gesundheit und Medizin - Herausforderungen und Chancen" ansetzen. Die auf 115 Seiten zusammengefassten Analysen und Handlungsempfehlungen sind letztlich ein Appell, verstärkt in innovative Gesundheits- und Medizintechnologien zu investieren, "vielversprechende neue Therapie-Ansätze durch Biotech" auszubauen. Wolfgang Herrmann, der Präsident der Technischen Universität München und gemeinsam mit Gaffal Vorsitzender des Zukunftsrates der Bayerischen Wirtschaft, stellte heraus, wie segensreich neue Technologien einzusetzen seien - etwa humanoide Roboter bei der Versorgung älterer Menschen, oder die neuen Methoden der Bildgebung, durch die sich "Tumore bereits im Submillimeter-Bereich" erkennen ließen.

Neben all diesen medizintechnischen Entwicklungen liegt für vbw-Chef Gaffal indes das Hauptaugenmerk darauf, der stetig steigenden Kosten im Gesundheitswesen Herr zu werden. Und für ihn gibt es da im Grunde nur eins: Es muss eine elektronische Gesundheitskarte her, die weit mehr ist "als ein etwas besserer Versichertenausweis". Mit Hilfe dieser Karten müssten künftig Mehrfachuntersuchungen, weil teuer und aus Gaffals Sicht unnötig, vermieden werden. Und im Übrigen lasse sich so das Risiko gefährlicher Wechselwirkungen zwischen Medikamenten reduzieren.

Kritikern, die in der Studie neue, überraschende Erkenntnisse vermissten, hielten die Verfasser entgegen: "Viele dieser Botschaften sind bislang in dieser Deutlichkeit nicht ankommen." Hier habe man folglich - mit weiteren Fakten angereichert - nachgelegt, damit die Politik endlich mehr Kreativität im Bereich Gesundheitsvorsorge an den Tag lege.

© SZ vom 17.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: