Hochschule:AEG-Gelände wird Forschungsstandort

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Der Himbeerpalast in der Erlanger Innenstadt: Wo jetzt noch Siemens residiert, soll bald Philosophie und Theologie gelehrt und studiert werden. (Foto: Karmann/dpa)

Etwa 100 Millionen Euro will der Freistaat für Vision der Erlanger Uni 2030 investieren

Von Katja Auer, Frank Müller, Erlangen

Um "eine Jahrhundertchance" gehe es, jubelte Staatskanzleichef Marcel Huber am Dienstag, als er aus der Kabinettssitzung kam, um der Presse von der Vision der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) vorzuschwärmen. Dann bremste Huber sich, aber nur ein wenig: "Für die nächsten Jahrzehnte" sei das nun gebilligte Entwicklungskonzept für die FAU auf jeden Fall ein enormer Schritt nach vorne, sagte Huber. Anlass für die Superlative ist die Entscheidung, wonach der Freistaat das AEG-Gelände im Nürnberger Westen kaufen und dort einen weiteren Forschungsstandort gemäß der von der Uni entwickelten "Vision FAU 2030" schaffen will. Dort sollen innerhalb der kommenden 20 Jahre 5000 Studenten vorwiegend der Technischen Fakultät mitsamt ihren Lehrstühlen und Forschungseinrichtungen Platz finden. Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle war dies gleich noch einen Superlativ wert: "Eine einmalige historische Chance" sei das und "ein guter Tag für Bayerns Wissenschaftslandschaft". Da hatte Finanzminister Markus Söder freilich längst eine Mitteilung mit noch mehr Superlativen verschickt. Das Kabinett tagte noch, als der Nürnberger verkündete, dass AEG nun Universitäts-Standort werde.

Das ist nicht ganz neu, schon zweimal waren gleich drei Minister - Söder, Spaenle und Innenminister Joachim Herrmann - auf AEG, um ihre Visionen kundzutun. Das Quelle-Areal schräg gegenüber wurde bei der Gelegenheit vor anderthalb Jahren als Hochschulstandort begraben und AEG ein paar Monate später als solcher angepriesen. Nun wird es also konkret. Mehr als 100 Millionen Euro könnte das AEG-Gelände kosten, auf dem bis 2006 Waschmaschinen produziert wurden, kündigte Söder an. Huber zog Parallelen zu vergleichbaren Großinvestitionen des Freistaats in die Forschung, etwa in die Standorte Martinsried und Garching bei München. Nun soll der Finanzminister verhandeln.

Nürnberg wird von der Neusortierung der Universität profitieren, die bislang vor allem als Erlanger Hochschule wahrgenommen wird. Allerdings wird auch Kritik an den Plänen laut, die die SPD-Abgeordnete Helga Schmitt-Bussinger als "Flickschusterei aus Sonderprogrammen" bezeichnet. Anstatt AEG für 100 Millionen Euro zu kaufen, hätte der Freistaat das Quelle-Gelände für einen symbolischen Euro bekommen können. Grüne und Freie Wähler forderten einen Masterplan, der allerdings nicht im Elfenbeinturm der Ministerien geschmiedet werden dürfe.

In Erlangen indes ist Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) zufrieden. Mit der Umstrukturierung löse sich ein "gordischer Knoten", sagte er und es sei nicht der Zeitpunkt für Eifersüchteleien und "kleingeistiges Kirchturmdenken". Jeder müsse etwas geben, Erlangen also einen Teil der Technischen Fakultät, jeder bekomme aber auch etwas. In Erlangen soll das ein neues geisteswissenschaftliches Zentrum sein. Dorthin sollen auch die Erziehungswissenschaftler umziehen, die bislang in Nürnberg lernten.

Die Philosophische Fakultät und die Theologen werden demnach in den sogenannten Himbeerpalast einziehen, jenes rosafarbene Gebäude in der Innenstadt, das noch Siemens gehört. Aber das Unternehmen plant den Auszug. 2017 sollen die Bauarbeiten am "Campus Erlangen" beginnen, auf dem Areal im Süden der Stadt, das bislang schon von Siemens genutzt, aber nun zum größten Standort des Konzerns ausgebaut werden soll. Der Entwurf des Frankfurter Architekturbüros KSP Jürgen Engel Architekten liegt vor, bis 2030 soll alles fertig sein. Dafür will das Unternehmen 500 Millionen Euro auf 54 Hektar investieren und "Spitzenforschern aus aller Welt ein Zuhause geben", wie es Konzernchef Joe Kaeser formulierte.

Für Erlangen bedeutet all das nicht weniger als den größten Stadtumbau nach dem Krieg. "Stadtverwandlung", nennt es Oberbürgermeister Janik, "das krempelt die ganze Stadt um". Nur schade, sagt er, dass ausgerechnet jetzt ein Bürgerentscheid die neue Straßenbahn-Verbindung zwischen den Städten vorerst gebremst hat.

© SZ vom 22.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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