Hausbau:Hunderte fallen durchs Raster

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Einheimischenmodell: Neue Regeln bereiten in Friedberg Probleme

Wer kann sich in Zeiten explodierender Immobilienpreise überhaupt noch ein Eigenheim leisten? Bislang bestand für Bauwillige in etlichen Kommunen immerhin die Möglichkeit, sich im Einheimischenmodell um ein Grundstück zu bewerben. Seit aber neue Vorgaben für Einheimischenmodelle gelten, ist es deutlich schwieriger geworden, zum Zuge zu kommen. Im schwäbischen Friedberg kamen von mehreren Hundert Grundstücksinteressenten letztlich nur 25 für das Auswahlverfahren bei einem Reihenhausprojekt infrage.

Etliche Städte und Gemeinden in Bayern haben in den vergangenen Jahrzehnten Bauland an örtliche Bewerber im Einheimischenmodell vergeben, um auch weniger Begüterten zum eigenen Haus zu verhelfen. Diese Praxis hat die EU-Kommission gekippt, weil Auswärtige benachteiligt würden. Seit 2007 betrieb die EU deshalb gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren. Nach zähem Ringen der Staatsregierung und kommunaler Spitzenverbände wie dem Städte- und Gemeindetag mit der EU gelten seit diesem Jahr neue Regeln für die Vergabe von Grundstücken. Als Kriterien stehen nun sozioökonomische Faktoren wie das Einkommen und das Vermögen im Vordergrund und nicht mehr die Dauer der Ortsansässigkeit, die Zahl der Kinder oder eine Tätigkeit im Ehrenamt. Die finanziellen Voraussetzungen erweisen sich in der Praxis aber für viele Bewerber als nicht erfüllbar.

In Friedberg standen 260 Familien auf der Warteliste für Grundstücke. 13 Bauplätze für Reihenhäuser hatte die Stadt aktuell zu vergeben. Weil die Bewerber nach den neuen Richtlinien nicht mehr als 45 000 Euro im Jahr verdienen und nicht mehr als 93 000 Euro an Vermögen besitzen dürfen, fielen von vornherein die meisten durchs Raster. Letztlich befanden sich nur noch 25 Bewerber im Vergabeverfahren. Der Finanzreferent der Stadt, Wolfgang Schuß, sagte laut Lokalzeitung im Stadtrat, nur die wenigsten würden die Vorgaben für das Einheimischenmodell erfüllen. Und diejenigen, die unterhalb der Einkommens- und Vermögensgrenze lägen, könnten auch nicht automatisch zum Zuge kommen, weil deren finanzielle Möglichkeiten begrenzt seien. Für manche sei es schwierig, bei Banken Darlehen für den Kauf der Grundstücke zu erhalten.

300 Euro zahlen Bauwerber in Friedberg für den Quadratmeter Grund - im Einheimischenmodell. Auf dem freien Markt sind es 550 Euro oder mehr. Um diese Preise bezahlen zu können und bei Banken kreditwürdig zu sein, brauchen Immobilien-Interessenten Eigenkapital. Doch wer über Jahre gespart hat, überschreitet womöglich die von der EU vorgegebene Vermögensgrenze und erfüllt dann nicht mehr die Vorgaben fürs Einheimischenmodell. Manche Kommunen haben sich wegen der widersinnigen Regeln mittlerweile komplett von Einheimischenmodellen verabschiedet. Die Gemeinde Ried im Wittelsbacher Land zum Beispiel vergibt kein subventioniertes Bauland mehr. Der Gemeinderat will zwar weiter die ortsansässigen Bauwilligen unterstützen und mittels Punkte-System gegenüber auswärtigen bevorzugen. Billigen Grund bietet die Gemeinde aber nicht mehr an.

© SZ vom 21.12.2017 / chro - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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