Hauptmarkt:Nürnberg baut für zwei Millionen seinen Marktplatz um - und belässt fast alles beim Alten

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An manchen Tagen fühlen sich Besucher auf dem Markt fast verloren, weil zwischen den Verkaufsständen große Lücken klaffen. (Foto: Johannes Simon)
  • Seit Jahren läuft in Nürnberg eine Diskussion um die Neugestaltung des Hauptmarktes.
  • Viele Bürger wünschen sich, dass der Platz einladender gestaltet wird.
  • Die Stadt erlaubt aber nur kleine Änderungen, da der Ort für Händler und Veranstaltungen offen bleiben müsse.

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Der Hauptmarkt ist der zentrale und wichtigste Platz Nürnbergs, als Schauplatz des Christkindlesmarkts beinahe weltbekannt. Doch außerhalb der Weihnachtszeit bleiben Touristen dort meist nur kurz stehen, um am Ring im Gitter des "Schönen Brunnens" zu drehen oder den Figuren des Glockenspiels beim "Männleinlaufen" zuzuschauen. Auch die Nürnberger halten sich selten auf dem Hauptmarkt auf, denn eine gute Stube ist er nicht. Zu leer, zu ungemütlich und im Sommer zu heiß, sind häufig genannte Kritikpunkte. Selbst wenn Händler dort Obst aus aller Welt, Gemüse aus dem Knoblauchsland, Blumen und Falafel anbieten, wirkt die mehr als 7000 Quadratmeter große Fläche oft wie ein Kopfsteinpflastermeer, aus dem ein paar rot-weiß gestreifte Inseln ragen. Denn von den bis zu 50 Händlern sind nicht immer alle da.

Die Stadtverwaltung hat das Problem im Jahr 2010 recht trocken zusammengefasst: "Es mangelt an Aufenthaltsqualität." Damals stieß der Stadtrat einen aufwendigen Prozess an, um die Situation zu verbessern. Es wurde ein städtebaulicher Wettbewerb ausgelobt, an dessen Ende nach zwei Jahren ein ernüchterndes Ergebnis stand. Der Platz soll zwar für gut zwei Millionen, aber kaum sichtbar umgestaltet werden.

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Vor dem Wettbewerb gab es moderierte Ideenwerkstätten, bei denen Bürger ihre Wünsche vorbrachten: Bäume, Wasser, Sitzgelegenheiten. Nach dem Wettbewerb stand fest, dass der Hauptmarkt ein großer, leerer Platz bleibt. Auch eine Umrahmung mit Säulengängen, wie es sie im 19. Jahrhundert schon einmal gab, hat bei der Stadt keine Chance.

Denn der Hauptmarkt erfüllt die Funktionen, die sich in München mindestens auf Viktualienmarkt, Marien- und Königsplatz verteilen. An sechs Tagen in der Woche bauen Marktleute dort ihre Stände auf. Theoretisch jedenfalls, denn tatsächlich müssen sie an gut 150 Tagen pro Jahr in die Fußgängerzone auf der anderen Seite der Pegnitz ausweichen: Während des Christkindlesmarktes, aber auch für Großveranstaltungen wie das Bardentreffen oder eher umstrittene Trendsport-Events.

Die Neuerung: Gerader Boden und ein paar Sitzbänke

Weil der Hauptmarkt ein Multifunktionsplatz ist, müsse er frei bleiben, sagt Nürnbergs Planungsreferent Daniel Ulrich (parteilos). Auch am Rand können seiner Meinung nach keine Bäume stehen. "Der Hauptmarkt wird kein französischer Platz mit Platanen." Das sei erstens nicht möglich, weil der Platz auf den Resten einer jüdischen Siedlung gebaut wurde, die 1349 völlig zerstört wurde. Wer hier in die Tiefe geht, muss in langwierige archäologische Ausgrabungen investieren. Vor allem aber sprechen aus Sicht der Stadt historische Gründe gegen die Schattenspender. Im Mittelalter habe sich ein Platz durch seine Nützlichkeit rechtfertigen müssen. "Ein großer Hauptmarktplatz ist kein grüner Ort, da ist einfach zu viel los", sagt Ulrich. Den Wunsch nach mehr Grün in der Altstadt halte er aber für berechtigt. Doch da gebe es geeignetere Plätze.

Die Veränderungen, die nach dem Wettbewerb beschlossen wurden, sind nicht gravierend: Rund um die Marktfläche soll ein Natursteinpflaster mit gerader Oberfläche verlegt werden, was den Stadtbummel für Menschen mit Gehhilfe angenehmer macht. Außerdem sind andere Lampen geplant und - am Rand - ein paar wenige Sitzbänke. Die Arbeiten werden dennoch umfangreich sein, weil das Kopfsteinpflaster auch in der Platzmitte komplett entfernt und wieder verlegt werden soll, um Stromleitungen und Anschlüsse für die Marktleute zu installieren.

Weil der Effekt so gering sein wird, hat die Stadt keine Eile, den Plan umzusetzen. Mehr als vier Jahre ist der Wettbewerb her, es wird wohl noch mindestens vier weitere Jahre dauern, bis etwas passiert. Die Sache wurde zurückgestellt, erst mal werde sich die Stadt um Plätze kümmern, die es nötiger haben, sagt Ulrich. Derzeit gibt es keinen Termin für das Projekt Hauptmarkt.

Puristen finden es schöner, wenn der Platz auch mal leer ist

Etwas schneller soll es beim Grünen Markt gehen. Doch auch hier gilt offenbar: Nur keine zu großen Veränderungen. Und: "Nichts über den Zaum brechen." Das sagt Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU), der 2016 eine "Qualitätsoffensive" ausrief. Die Stadt ließ Händler und Kunden befragen und schickte Testkäufer los. Das war im Sommer 2016. Im Laufe des Aprils will Fraas die Ergebnisse vorlegen - die sollen dann mit den Händlern diskutiert werden. Beschlüsse werden frühestens im Herbst folgen.

Es geht um die Frage, wie sich Marktbesucher künftig irgendwo auf eine Tasse Kaffee niederlassen können und wie man bei den Verkaufsständen einen "Eindruck von Vollständigkeit" schaffen kann, wie Fraas sagt. Denkbar sei beispielsweise, diejenigen Händler auf einer Teilfläche zu versammeln, die jeden Tag da sind. Die Händler hoffen vor allem, dass sie ihre Stände über Nacht stehen lassen können. Der tägliche Auf- und Abbau kostet viel Zeit, den sie lieber in die Qualität ihres Angebots investieren würden. Bisher scheiterte der Wunsch vor allem daran, dass Puristen es schöner finden, wenn der Platz am Abend und am Sonntag leer ist.

Immerhin eine Neuerung wird es schon 2017 geben: Erstmals seit vielen Jahren wird im "Schönen Brunnen" wieder Wasser plätschern.

© SZ vom 15.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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