Grundschulkonzept:Das Rundum-sorglos-Paket der CSU

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In vier Jahren soll es für jedes Schulkind im Freistaat einen Ganztagsplatz geben. Die Angebote sollen mannigfaltig sein. Ferienbetreuung? Na klar. Auch Halbtagsklassen soll es weiter geben. Nur zu viel kosten darf das alles nicht.

Von Tina Baier, München

Die CSU-Fraktion hat das Konzept der Projektgruppe Ganztag am Mittwoch einstimmig gutgeheißen. "Der Ausbau der Ganztagsbetreuung ist eine der großen Zukunftsausgaben", sagte Ministerpräsident Horst Seehofer vor der Fraktionssitzung. "Ich bin zuversichtlich, dass wir unser Versprechen einhalten können, bis zum Jahr 2018 allen Schülern bis 14 Jahre ein bedarfsgerechtes Ganztagsangebot zu machen."

Das Konzept der "Projektgruppe Ganztag" unter dem Vorsitz von Kerstin Schreyer-Stäblein und Gudrun Brendel-Fischer sieht vor, dass Eltern in der Ganztagsbetreuung einen "Anspruch auf Verlässlichkeit und Wahlfreiheit" haben. "In ganz Bayern sollen Familien zwischen Halbtagsgrundschulen und flexibel gestalteten, qualitätsvollen Ganztagsangeboten wählen können", sagte Schreyer-Stäblein. Wichtig ist der CSU, dass "die Ganztagsangebote den notwendigen Qualitätsstandard aufweisen". "Dazu müssen wir noch stärker auf die Qualität des eingesetzten Betreuungspersonals achten", heißt es im Konzept der Arbeitsgruppe. Finanziert werden soll der Ausbau des Ganztags in Bayern vom Staat und von den Kommunen.

Nach Einschätzung von Finanzminister Markus Söder (CSU) könnte der geplante Ausbau der Ganztagsangebote an Bayerns Schulen bis zu 150 Millionen Euro kosten. Söder bezeichnete das Konzept der Arbeitsgruppe als "sehr gut", betonte aber, dass sich die Kosten im Rahmen der Haushaltsvorgaben bewegen müssen. Demnach dürfen die Ausgaben jedes Jahr lediglich um drei Prozent steigen.

Konkret schlägt die Arbeitsgruppe drei verschiedene Ganztagsmodelle vor. Kommunen, Schulen und Eltern sollen sich nach den Vorstellungen der CSU dasjenige aussuchen, das für sie am besten passt. Das Modell "Rhythmisierte Tagesschule" ist nach Einschätzung der Arbeitsgruppe "eine kostengünstige Möglichkeit vor allem für kleinere und ländliche Standorte".

Es sieht vor, den Unterricht erst um 8.30 Uhr zu beginnen, dafür aber erst um 14.30 Uhr zu beenden - unterbrochen von einer "gemeinsamen Mittagszeit" zwischen zwölf und 13 Uhr. Vor und nach dieser "Kernzeit" soll eine Betreuung "durch von der Kommune angestellte Mitarbeiter" angeboten werden. Eltern, die eine Betreuung außerhalb der Kernzeit wollen, sollen dafür bezahlen müssen.

Das Modell "Abensberg" ist eine offene Ganztagsschule, in der die Kinder vormittags wie in der Halbtagsschule von Lehrern unterrichtet werden. Nachmittags übernimmt dann ein anderes Team die Betreuung. "So etwas gibt es im Grundschulbereich bisher noch nicht", sagte Kerstin Schreyer-Stäblein. "Wir wollen da aber einsteigen." Nach den Vorstellungen der Arbeitsgruppe können Eltern in der offenen Ganztagsschule frei wählen, an wie vielen Tagen pro Woche sie eine Nachmittagsbetreuung buchen wollen. Insgesamt sollen die offenen Ganztagsschulen an nur 25 Tagen im Jahr geschlossen haben. "Alles andere können die Eltern frei entscheiden", sagte Schreyer-Stäblein.

Das dritte Modell "Bad Aibling" sieht eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Hort und Halbtagsschule "über den ganzen Tag hinweg" vor. Faktisch entstehe dadurch ein rhythmisiertes Ganztagsangebot, bei dem sich Lern- und Erholungsphasen den Tag über abwechseln, heißt es in dem Papier. Ergänzt werden soll diese Form der Ganztagsschule durch ein "umfassendes Betreuungsangebot für Rand- und Ferienzeiten". Voraussetzung sei aber eine verbindliche Anmeldung der Kinder im Hort.

"Frühestens im Schuljahr 2015/2016 könnten diese Konzepte in die Praxis umgesetzt werden", sagte Schreyer-Stäblein. Sie betonte außerdem, dass andere "funktionierende Formen der Nachmittagsbetreuung" weiter erhalten bleiben sollen; etwa die zahlreichen, in der Regel von Eltern organisierten Mittagsbetreuungen, die im laufenden Schuljahr der Großteil der Kinder besuchte, die nachmittags betreut werden. Auch die gebundene Ganztagsschule soll dem Konzept zufolge "ein zentraler Eckpfeiler des Ganztags an den Grundschulen in Bayern" bleiben. Die Nachfrage danach sei aber geringer als erwartet, sagte Gudrun Brendel-Fischer. "Wir haben gespürt, dass bei den Eltern der gebundene Ganztag nicht ganz oben auf der Wunschliste steht."

"Wenn man jetzt den großen Reformer gibt, ist wohl doch aufgefallen, dass vieles versäumt wurde und die Probleme hausgemacht sind", kommentierte Thomas Gehring, Bildungssprecher der Grünen, den Beschluss der CSU-Fraktion. "Bayern ist Schlusslicht im Ganztagsausbau und die Qualität lässt ebenso zu wünschen übrig." Horst Seehofers Ganztagsgarantie stelle die bayerischen Kommunen vor eine Reihe von Fragen und Problemen, "die sie alleine nicht lösen können". Im laufenden Schuljahr besuchen 97 000 Schüler im Freistaat eine Mittagsbetreuung, 78 000 gehen in eine Kindertageseinrichtung, also etwa einen Hort. 84 000 besuchen eine offene Ganztagsklasse und 66 000 eine gebundene Ganztagsklasse.

Simone Strohmayr, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, hält die Ganztagspläne der CSU für "fragwürdig". Sie vermisst "einen konkreten Ausbauplan". Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft begrüßt das Konzept: "Angesichts der Fachkräftelücke brauchen wir mehr Frauen in der Arbeitswelt", sagte Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

© SZ vom 05.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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