Gesetzesänderung:Mehr Kompetenzen für Rettungskräfte

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Bislang scheuten sich Sanitäter bei Notfällen oft, lebensrettende Infusionen zu verabreichen, weil das eigentlich nur Ärzte dürfen. Das soll jetzt anders werden

Von Dietrich Mittler, München

Rettungskräfte in Bayern sollen künftig bei der Versorgung von Unfallopfern auch ohne Anweisung eines Arztes medizinische Notfallmaßnahmen einleiten können. Darüber sind sich im Landtag alle Fraktionen einig. Am Donnerstag bescheinigten die Redner im Plenum den bayerischen Rettungskräften umfassende Kompetenz - und diese werde durch die neue Ausbildung zum Notfallsanitäter sogar noch erhöht.

Nichts spreche also mehr dagegen, dass diese Kräfte künftig zum Beispiel auch selbständig gewisse Infusionen geben. "Oft ist nichtärztliches Rettungspersonal als erstes am Unfallort, und sie besitzen ein gerütteltes Maß an Berufserfahrung", sagte der Grünen-Abgeordnete Jürgen Mistol. Er begrüße daher auch den vorliegenden CSU-Antrag, der darauf abzielt, an Rettungskräfte auch solche Aufgaben zu übergeben, die sonst in den Kompetenzbereich der Ärzte fallen. Im Bundesrecht sei dies längst so vorgegeben, nun sei es an der Zeit, im Landesrecht nachzuziehen. "Wir müssen eine praxistaugliche Regelung auf den Weg bringen", betonte Mistol.

Aus den Reihen der CSU kam auf diese Einwendung selbstredend kein Widerspruch. "Die Aufwertung der Rettungsdienstassistenten war schon lange überfällig", sagte der CSU-Abgeordnete Peter Tomaschko. Und der SPD-Vertreter Paul Wengert ist als stellvertretender Präsident des Bayerischen Roten Kreuzes ohnehin dafür, Rettungsdienstkräften mehr Kompetenzen zu überlassen. Bislang sei es durch die Rechtslage noch so, dass Rettungskräfte sich oft scheuten, am Unfallort lebensrettende Maßnahmen einzuleiten, die in den Kompetenzbereich der Ärzte fallen. Dies hat, wie die Praxis zeigt, bereits zu juristischen Problemen geführt. Das sehen auch die Freien Wähler so: Die Zeit dränge nun, denn schon bald seien die ersten Notfallsanitäter mit ihrer Ausbildung fertig. Und spätestens dann müsse feststehen, was Rettungskräfte selbst entscheiden dürfen - und was nicht.

In der bayerischen Ärzteschaft wird das derzeitige Vorgehen der Politik indes mit Misstrauen, ja Bestürzung beobachtet. Insbesondere Bayerns Notärzte warnen. Im Gesetzentwurf der CSU zur Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes stoße man "auf Ideen, die geeignet sind, die notärztliche Versorgung in Bayern sowohl in der Fläche als auch in der Stadt akut und anhaltend zu gefährden". Und das sei umso bedauerlicher, als in dieser Angelegenheit ärztliche Kompetenz nicht zuvor zu Rate gezogen worden sei.

In einer Erklärung, die die Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte in den Tagen vor der Landtagssitzung verteilt hat, begrüßen die Mediziner zwar, dass Rettungskräfte "zukünftig in Form des Notfallsanitäters endlich fachlich angemessen" ausgebildet seien. Auch spreche nichts dagegen, dass der Landesgesetzgeber die neuen Kräfte "in geeigneter Form" unterstütze. Doch der vorgelegte Gesetzentwurf demontiere "Grundpfeiler des Notarztsystems". Mit einem Federstrich etwa werde den Medizinern "die für jede ärztliche Tätigkeit notwendige fachliche Weisungsfreiheit entzogen". Das, so heißt es in dem Brief weiter, würden sich die Ärzte nicht gefallen lassen. Folglich sei die nun von der CSU in Gang gebrachte Gesetzesinitiative letztlich "zum Scheitern verurteilt".

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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