Gegen den Flächenfraß:Wenn Bauern Nein sagen

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Bau eines umstrittenen Gewerbeparks droht zu scheitern

Von Christian Sebald, München

Das Tauziehen um einen neuen, etwa 100 Hektar großen Gewerbepark nahe dem oberfränkischen Wunsiedel dauert an. Zwar sind die Chancen deutlich gesunken, dass ein Investor auf dem Areal westlich der A 93 eine riesige Fabrik für Wellpappenpapier errichtet. Aber die Stadt Wunsiedel und der Markt Thiersheim halten an ihren Plänen fest, wie eine Sprecherin der Stadt bestätigte. Die 13 Grundbesitzer und Bauern, denen der Großteil des Geländes auf Wunsiedler Seite gehört, weigern sich derweil weiter, ihre Flächen für den Gewerbepark zu veräußern. "Ihre Entscheidung bleibt fix", sagte der Vize-Kreischef des Bauernverbands, Stephan Regnet. "Und zwar unabhängig, ob dort nun eine Papierfabrik entstehen soll oder nicht." Regnet ist selbst Landwirt. Zwar besitzt er keine Flächen in dem umstrittenen Gebiet. Aber er kennt die Stimmung unter seinen Kollegen sehr genau.

Die Auseinandersetzung dürfte bayernweit einmalig sein. Zumindest aktuell ist aus keiner anderen Region im Freistaat ein ähnlicher Fall bekannt. Zwar wettern überall auch die Bauern gegen den Flächenfraß. Aber wenn es um konkrete Projekte geht, schwindet in aller Regel der Protest. Denn es sind ja zu allererst Bauern, die von der Ausweisung neuer Wohn- und Gewerbegebiete profitieren. Denn dann können sie ihre Äcker und Grünland teuer als Bauland verkaufen. Ganz anders die 13 Wunsiedler Bauern. Sie lehnen nicht nur ab, ihr Land zu verkaufen. Sondern sie haben auch noch gemeinsam ein Schreiben an den Wunsiedler Bürgermeister Karl-Willi Beck (CSU) geschickt und darin ihre Verweigerung öffentlich gemacht haben. "Der Zuspruch aus der Region ist weiter sehr groß", sagt Regnet.

Nach einer Machbarkeitsstudie, die Wunsiedel und Thiersheim vergangene Woche präsentiert haben, würde sich der 100 Hektar große Gewerbepark in zwei Gebiete untergliedern, die durch einen breiten Waldstreifen mit Wiesen und Biotopen voneinander getrennt wären. Der Waldstreifen soll erhalten bleiben, auch wenn dadurch die reinen Gewerbeflächen maximal 60 bis 70 Hektar umfassen würden. Die Papierfabrik wäre allenfalls im östlichen Gebiet direkt im Anschluss an die A 93 möglich. Denn nur dort wäre ein planebenes, mindestens 25 Hektar großes Baugebiet vorstellbar, wie es der Investor fordert. Aber nicht nur deshalb sind die Chancen für das Projekt deutlich gesunken. Die Mengen an Strom, Wasser und Gas für den Betrieb der Fabrik sind offenkundig so groß, dass zumindest derzeit keiner wisse, woher sie kommen sollten, sagte die Stadtsprecherin. Die Entscheidung über das Projekt fällt Ende April. Wunsiedel und Thiersheim treiben derweil die Gründung eines Zweckverbands für den interkommunalen Gewerbepark voran.

© SZ vom 05.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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